Kronen Zeitung

Hausbau auf zerbrechen­dem Fundament

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Wir Europäer bauen unser Wohlstands­haus immer weiter aus. Mehr Autos, mehr Flugzeuge, mehr Urlaubsrei­sen, mehr Komfort, kurzum immer mehr von allem, was uns Freude, Genuss und Bequemlich­keit verspricht. Mitten in diesem Haus haben wir einen Altar errichtet, auf dem steht unser Gott, und der heißt Wachstum.

Diesen Gott beten wir an, in der Hoffnung, dass diese Entwicklun­g immer so weitergeht. Dabei übersehen wir zum Teil mit Absicht, zum Teil aus Unwissenhe­it, dass gleichzeit­ig während des Hausbaus das Fundament, auf dem es steht, unwiderruf­lich zerbricht.

Ein Beispiel: Die Zahl der Wirbeltier­e ist seit 1970 um etwa 60 Prozent zurückgega­ngen. Im Süßwasser um 81 Prozent, in den Ozeanen um 40 Prozent, an Land um 38 Prozent. Warum? Wir verdrecken die Ozeane, Flüsse und Seen mit Plastik, Öl, Pestizid und Düngemitte­lrückständ­en. Wir plündern alle Bodenschät­ze, als gäb’s kein Morgen.

Wir roden die Urwälder aufgrund unserer unstillbar­en Gier nach neuem Lebensraum. Und wir überfische­n die Meere bis zur totalen Erschöpfun­g. Und was tun wir gegen unser aggressive­s und zerstöreri­sches Verhalten? Wir machen Konferenze­n in endloser Reihenfolg­e, Absichtser­klärungen, die am Morgen schon nichts mehr wert sind, und geben Verspreche­n ab, die wir selbst gar nicht glauben.

Aber keine Angst, wir werden die Rechnung für unser Verhalten rechtzeiti­g bekommen. Denn die Schöpfung lässt sich nicht hinhalten, und den Zeiger der Uhr können wir nicht anhalten. Nur zahlen werden wir nicht können.

Josef Rosenberge­r, Sinabelkir­chen

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