Klare Mehrheit gegen Neuwahl
Mit der Regierung keine Freude – dennoch:
Wi e n . – Öffentlich lästern Regierungspolitiker immer wieder über die Meinungsforscher. Vor allem, wenn sie schlechte Werte für die Koalition vorlegen. Aber letztlich orientiert man sich dann doch wieder an Umfragen. Derzeit empfehlen Spindoktoren in SPÖ und ÖVP, nicht an rasche Neuwahlen zu denken. Denn: Eine Mehrheit der Österreicher sei wahlmüde.
Bundeskanzler Christian Kern mag als ehemaliger Bahnmanager ohnehin gerne Tabellen und Zahlen. „Faktenbasiertes Entscheiden“nennt man das. Und die Daten ergeben ein klares Bild. Aus Untersuchungen seines neuen Lieblingsberaters Tal Silberstein geht hervor, dass rund zwei Drittel der Österreicher derzeit keine vorzeitigen Neuwahlen wollen. Zwar gebe es jetzt keine große Freude mit der Regierung, aber die Wahlmüdigkeit überwiege.
Das deckt sich mit einer aktuellen Umfrage aus dem Umfeld eines ehemaligen SPÖ-Bundesgeschäftsführers. Laut dieser Studie sind
nur 36 Prozent der Meinung, dass die Nationalratswahlen wegen der häufigen Blockaden zwischen den Regierungsparteien vorgezogen, also bereits 2017, stattfinden sollten.
Ähnliche Daten liegen auch der ÖVP-Parteizentrale vor. Daher setzt das Team von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach der Bundespräsidentenwahl auf einen „neuen Kurs der Zusammenarbeit“mit einer aktualisierten Bearbeitung des Regierungsprogramms bis zum Auslaufen der Legislaturperiode im Herbst 2018.
Sämtliche Studien weisen übrigens eine Gemeinsamkeit auf: den „Kurz-Faktor“, der beschreibt die seit langem auf enorm hohem Niveau liegenden Beliebtheitswerte des Außenministers. Der ÖVP-Star kommt unter anderem im „Vertrauensindex“der Austria Presse Agentur auf Traumwerte, weit vor allen anderen Regierungspolitikern. Deshalb konzentrieren sich diskrete und offene Angriffe aus den eigenen und anderen Reihen auch auf Sebastian Kurz.
Keinen Einfluss auf die Gesamtentwicklung zeigt der Ausgang der Bundespräsidentenwahl bisher bei der FPÖ und den Grünen.
Das ist vor allem für die Grünen bitter, die sich nach einem Jahr weitgehender Absenz jetzt einen Aufschwung durch den Sieg von Alexander Van der Bellen erwartet hatten. Im GrünLager meint man, mit einem „schärferen Kurs gegen die Regierung“wieder ins Spiel kommen zu können.