Sitzt Django wieder fest im Sattel, Herr Mitterlehner?
War seine Unterstützung für VdB eine Absage an Schwarz-Blau? ÖVP-Chef Mitterlehner über Strache als Kanzler, schlafende Bären und den lieben Gott.
Wenn meine Stimme einen Ausschlag gegeben hat, dann werde ich sie auch gegen Strache einsetzen.
Durch sein Büro am Wiener Stubenring 1 zieht der Duft von Vanille. ÖVP-Chef Mitterlehner kommt uns auf dem Teppich mit den roten Rosen entgegen, er sieht kampflustig aus. Auf dem Tisch stehen selbst gebackene Kekse seiner Mitarbeiter sowie ein prächtiger Adventkranz mit dicken Kerzen und weißen Schleifen. „Die zwei Lichter brennen bei mir den ganzen Tag“, erzählt er.
Herr Mitterlehner, ist Ihre blaue Krawatte möglicherweise ein Zeichen der Versöhnung?
Lacht. – Die hat einfach ganz gut zum Anzug gepasst. Politisch hat sie zu bedeuten. Schon gar nicht als Signal an die FPÖ.
Ihre Wahlempfehlung für Alexander Van der Bellen komme einem „Selbstmordattentat“gleich, schäumte Norbert Hofer. Bei einem Selbstmordattentat ist es ja so, dass man jemanden in den Tod reißen will und dann selber draufgeht.
Da kann ich nur sagen: Hurra, wir leben noch! Ich weiß nicht, ob Hofer bewusst war, was er da eigentlich daherredet. Ich möchte das nicht aufwerten, indem ich es selber die ganze Zeit komführt mentiere. Aber eines ist klar: Wir lassen uns sicher nicht von ihm vorschreiben, was wir tun. Es wird bei uns jetzt sogar eine Diskussion genichts werden, wie wir uns von den Freiheitlichen stärker abgrenzen können.
Klingt da eine Absage an Schwarz-Blau durch?
Meiner Meinung nach ist die FPÖ derzeit unser größter Konkurrent. Nicht die Sozialdemokraten, da gibt es kaum einen Wähleraustausch. Wir müssen darstellen, dass wir die besseren Konzepte haben und uns im Gegensatz zur FPÖ auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit bewegen. Ich sehe in dieser Auseinandersetzung, die wir bisher viel zu wenig geführt haben, große Chancen.
H.-C. Strache schiebt Ihnen die Schuld am Wahlausgang in die Schuhe. Haben Sie Van der Bellen den Sieg gerettet?
Immer allen anderen die Schuld geben und die Ursachen nicht bei sich selber suchen, das kennzeichnet doch die FPÖ. Meine Möglichkeiten in allen Ehren, aber diese Zuschreibung ist übertrieben. Außer im Mühlviertel, da stimmt’s wirklich. Da haben alle vier Bezirke gedreht. Die FPÖ sollte sich einmal mit ihrer Diskussionskultur, mit Frau Stenzel, mit Herrn Farage und vielem anderen beschäftigen, dann käme sie der Ursache näher. Und dann gibt es noch jemanden, der heißt „Genosse Trend“.
Hofer will rechtliche Schritte gegen den lieben Gott einleiten, schrieb die SatirePlattform „Tagespresse“. Können Sie über so was lachen?
Ja! Gott wollte Hofer allem Anschein nach wahrlich
Selbstmordattentat? Da kann ich nur sagen: Hurra, wir leben noch! Und lassen uns nichts vorschreiben. Gott wollte Hofer wahrlich nicht helfen. Er sollte daraus keinen Siegeswillen für ein weiteres Antreten ableiten.
nicht helfen. Ich weiß nicht, ob er jetzt gut beraten ist, daraus noch mehr Siegeswillen für ein weiteres Antreten abzuleiten.
Ein Fernsehkommentator bescheinigte Hofer „zähnefletschende Freundlichkeit“. Wie würden Sie seinen Charakter beschreiben?
Er hat zwei Gesichter. Das eine wirkt so sanft, aber kaum läuft etwas nicht so, wie er es sich vorgestellt hat, zeigt er sein anderes, sein wahres Gesicht und sagt Dinge wie „man habe einen schlafenden Bä- ren geweckt“. Sind wir jetzt im Tierreich? Ich glaube, was die Schuld am Wahlergebnis betrifft, hat IHM jemand einen Bären aufgebunden.
Schmeichelt es Ihnen eigentlich, jetzt als „Mann der Stunde“bezeichnet zu werden, weil Ihrem Statement auch viele Bürgermeister und Alt-Landeshauptleute gefolgt sind?
Das ist keine Kategorie, in der ich mich gerne sehe. Wenn meine Stimme einen Ausschlag gegeben hat, dann freut mich das und dann werde ich sie auch bei den kommenden Nationalratswahlen einsetzen. Die nächste Aufgabe wird es sein, alles dafür zu tun, dass Strache nicht Bundeskanzler wird.
Hat Sie das auch als Parteiobmann gestärkt? Sitzt Django wieder fest im Sattel?
Ich möchte es anders formulieren. Wenn Hofer gewonnen hätte, dann wäre es
umgekehrt gewesen. Auch deshalb war es die richtige Entscheidung.
Ihr Außenminister Sebastian Kurz ist vom US-Magazin „Politico“gerade zu einer jener 28 Persönlichkeiten gewählt worden, die Europa 2017 gestalten werden. Werden Sie da nicht neidisch?
Die Frage habe ich erwartet. Schauen Sie, jeder hat seine Rolle. Die Erfolge von Sebastian Kurz werden der Partei insgesamt nutzen.
Ganz ehrlich: Ist es nicht zermürbend, wenn es einen Jüngeren gibt, der immer als der Bessere hingestellt und sogar als Nachfolger genannt wird?
Ich weiß nicht, wie mürbe ich Ihnen jetzt vorkomme, aber ich kann sehr gut damit umgehen.
Wie ist Ihre ganz persönliche Bilanz des Jahres 2016?
Ich bin ungetrübten Mutes. Meine Einstellung ist noch immer dieselbe: Auf dem Weg bleiben und Linie halten. Das zahlt sich aus. Darauf bin ich auch ein bisschen stolz. Ich bin nirgends abgebogen und werde diesen Weg weiterhin gehen. Nicht aus irgendeinem Kalkül heraus, oder weil ich mich mit irgendjemandem arrangiert habe. Sondern weil er richtig ist.