Kronen Zeitung

Intimes Beisammens­ein

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„Mir habn an bei uns im Amt, der nimmt se zum Essn ka Zeit“, sagte der Kanzleibed­ienstete Kurt A. zum Bezirksric­hter. „Wann der z Mittag in der Kantin sitzt, putzt er des Essn obe, dass ma glaubn könnt, er hat seit vierzehn Tag nix im Magn. Oft und oft hab i scho zu eahm gsagt, er soll se zum Essn Zeit lassn, es nimmt eahm doch kaner weg. Er reagiert gar net und is mit der Nachspeis scho fertig, wann unserans no bei der Suppn is.

Dabei is der Mann dienstlich gesehen a Weinbergsc­hnecke. Den können S unterm Geh de Hosn flickn, so langsam bewegt er se. Er is in der Aktenablag­e beschäftig­t, und wann S den an Akt zum Ablegen gebn, können S direkt zuaschaun, wia der Akt in seiner Hand vergilbt und verjährt, so langsam legt er eahm oh.

,Se werdn Ihna was holn!‘, hab i neilich zu eahm gsagt. ,Des schnelle Essn geht auf de Nervn und aufn Magn. Mir habn doch zwa Stunden Mittagszei­t, da kamma wirklich in Ruhe speisen. Was machn Se mit der restlichen Mittagszei­t?‘

Er hat ma ka Antwort gebn, hat sei Menü verschlung­en wia a Hyäne und is furt.

A halbe Stund später hat eahm de Rettung weggführt. Direkt aus sein Aktenkamme­rl habns eahm gholt und habn eahm auf der Tragbahr bei der Kantin vorbeitrag­n.

Jetzt is soweit, hab i ma denkt. Jetzt rächt se des gache Essen, wahrschein­lich hat er an Magenbruch. Es is erschütter­nd, hab i ma denkt, unserans sitzt no bei der Nachspeis, und den Haßhungric­hn bringens derweil scho mit an Verdauungs­infarkt ins Spital.

Mit an gewissen Mitleid hab i eahm no zwa Vanillekip­ferl ins Rettungsau­to nachtragn. Des war damals unser Dessert, zu dem hat er se ka Zeit mehr gnumma ghabt.

Inzwischen wiss ma, warum er se mitn Essn gar so tummlt hat. Aber warum bin i als Zeuge da? Ah so, weil i eahm de Vanillekip­ferl nachtragn hab und daher sein Aussehen beschreibe­n kann.“Der schnelle Esser hatte die Mittagspau­se zum intimen Beisammens­ein mit einer verheirate­ten Kollegin benutzt. Der Gatte der Dame, der die beiden im Aktenkamme­rl überrascht hatte, wurde wegen leichter Körperverl­etzung (ein Spitalsauf­enthalt war nicht erforderli­ch) zu einer Geldstrafe verurteilt.

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