In einem Aufwaschen
Gegen elf Uhr abends läutete es an der Pforte des bezirksgerichtlichen Gefangenenhauses. Ein Justizbeamter öffnete. Draußen stand ein Mann, der starken Alkoholgeruch verströmte.
„Was is?“, fragte der Beamte.
„Schuldign“, lallte der Betrunkene. „I mecht gern meine achtavierzg Stundn antretn, was i vuriche Wochn kriagt hab. Is a bisserl spät wurdn, weil i zu aner klan Abschiedsfeier eingladen war. Kann i meine Zigarettn mitnehma? Wann net, rauch i no gschwind ane.“
„Was?“, rief der Nachtdienst unwillig. „Se wolln mittn in der Nacht a Straf antretn? Schaun S, dass S weidakumman. Kumman S murgen in der Fruah!“
„Moment!“, lallte der Betrunkene. „Schreien Sie doch nicht mir mir, weil ich bin noch auf freiem Fuß! I bleib do, i bin do net deppert. Murgn in da Fruah hab i scho zwölf Stund hinter mir! Warum soll i no auf freiem Fuß schlafn! Führn S mi in de Zelln.“
„Mi kannst net pflanzn. Es wissts genau, dass ma a Straf nur während de Dienststundn antretn kann.“
„Huachn S zua“, lallte der Betrunkene und hielt sich, damit er nicht umfiel, am Koppel des Beamten fest. „Mir brauchn S kan Strafaufschub gebn, mi können Sie net amnestiern, weil Se san net der Bundespräsident! Führn S mi zum Direktor, weckn Sie ihn, und sagen S ihm, dass heute mein Termin is. Achtundvier- zig Stund wegen Wachebeleidigung. De tritt i heut an! Im Radio habn S eh a schlechts Wetter angsagt, und im alten Jahr hab is no hinter mi bracht.“
„Sie sollen den Beamten gewürgt haben!“, sagte der Bezirksrichter drei Tage später zu dem Mann. „Sie können von Glück reden, dass Sie nicht wegen öffentlicher Gewalttätigkeit angeklagt sind!“
„I hab ihm do nix gmacht!“, jammerte der Angeklagte. „Der Herr wollt mi mit Gewalt vom Eingang wegdrängen. Hab i eahm um an Hals gnumma, damits mi net hinhaut.“
Der Mann wurde neuerlich zu 48 Stunden Arrest verurteilt.
„Sehn S, jetzt können S glei dableibn“, sagte der Justizbeamte. „Jetzt können S de zwa Strafn in an Aufwaschn verbüßen.“