Kronen Zeitung

Fast alles beim Alten

- Christian Stafflinge­r, Linz

Das künstliche Drama hat ein Ende. Unausweich­liche Neuwahlen wurden mindestens auf die Sommerbank verschoben. Das SPÖ- Präsidium und der ÖVP- Vorstand haben dem überarbeit­eten Koalitions­pakt ihren Segen gegeben. Warum, wissen sie vermutlich selbst nicht so genau. Statt Erlösung kommt Folter.

Denn spätestens auf den zweiten Blick auf dieses „ Arbeitspap­ier“fragt man sich als Bürger wieder einmal, was das soll. Denn eigentlich ist fast alles beim Alten. Um wenigstens eine minimale Restglaubw­ürdigkeit herzustell­en, hat man dieser Vereinbaru­ng einen festgelegt­en Zeitplan verpasst. Taktisch klug. Praktisch ohne tatsächlic­he verbindlic­he Wirkung. Weil eben wieder einmal zu vieles mehr auf Unterschri­ften denn auf konkreten Inhalten basiert. Also sogenannte Absichtser­klärungen, jetzt eben mit Zeitplan, die spätestens dann, wenn es darum geht, sie in Gesetzeste­xte zu gießen, auf Widerstand stoßen können.

Beim Thema Sicherheit kann man noch am ehesten als positiv bezeichnen, dass die Vollversch­leierung im öffentlich­en Raum verboten und die Videoüberw­achung ausgeweite­t wird. Die Grenzkontr­ollen werden intensivie­rt, etwa durch unterstütz­enden Ausbau des Assistenze­insatzes des Bundesheer­es, unter anderem durch verstärkte Überwachun­g der grünen Grenze und bei der Registrier­ung. Der Brenner ist aber weiterhin ein einladende­s, offenes Scheunento­r. Auf eine echte und tatsächlic­he bindende Obergrenze bei Flüchtling­en, also inklusive Familienna­chzug, wird sich diese Regierung wohl nie einigen können.

Die Pläne, die kalte Progressio­n ab 2019 für die ersten beiden Tarifstufe­n abzuschaff­en, aber nur dann, wenn die kumulierte Inflation fünf Prozent übersteigt, verdient ausschließ­lich die Bezeichnun­g Armutszeug­nis. Für über 50- jährige Langzeitar­beitslose sollen pro Jahr 20.000 Arbeitsplä­tze geschaffen werden. Wie das gelingen soll, wenn man gleich- zeitig den Kündigungs­schutz für über 50- Jährige lockert, muss die Regierung dem Volk noch erklären. Die Themen Mindestloh­n und Flexibilis­ierung wurden an die Sozialpart­ner ausgelager­t. Sollten sich die so wie bisher nicht einigen, wird eine gesetzlich­e Regelung beschlosse­n. Und für so brennende Problemzon­en, wie Pensionen und Gesundheit, blieb natürlich gar keine Zeit mehr.

Es sind nur ein paar Beispiele, und doch sagen sie wieder einmal alles. Hoffentlic­h verlangt die Regierung für diese quälende Verlängeru­ng keinen aufmuntern­den Beifall zum Weiterwurs­teln.

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