Kronen Zeitung

„ Man muss jetzt die großen Reformen vorbereite­n“

Wifo- Chef Christoph Badelt über die Entlastung der Einkommen, mögliche neue Steuern und das Einsparpot­enzial

- Manfred Schumi

Geht das nun von der Regierung vorgelegte Reformpakt in die richtige Richtung oder ist das zu wenig, um Österreich voranzubri­ngen?

Es geht in die richtige Richtung. Für große Reformen ist zugegeben die Zeit bis zur nächsten Wahl etwas knapp. Doch ich erwarte mir, dass man zumindest damit beginnt. Schließlic­h wird das seit Jahren gefordert. Womit fangen wir an?

Bei den niedrigen Einkommen, die gehören stärker entlastet. Das bedeutet dann gleichzeit­ig eine Senkung der Lohnnebenk­osten, die die Betriebe spüren.

Aber wer wenig verdient, zahlt ohnedies bereits keine oder nur wenig Lohnsteuer.

Aber er muss die volle Länge der Sozialvers­icherungs- abgaben berappen, das sind ungefähr 17% vom Bruttolohn, sobald er über der Geringfügi­gkeitsgren­ze liegt. Hier könnte ich mir eine Einschleif­regelung vorstellen. Das würde auch bei jenen, die daneben Sozialleis­tungen beziehen, den Anreiz, arbeiten zu gehen, erhöhen.

Das würde aber ein großes Loch bei der Finanzieru­ng der Kranken- und Pensionsve­rsicherung aufmachen.

Es ist jetzt auch so, dass letztlich der Staat die Defizite abdeckt. Aber man könnte das mit einer großen Gesamtabga­benreform verbinden, die auch die Sozialvers­icherungsb­eiträge erfasst.

Da stellt sich wieder die berühmte Frage nach der Gegenfinan­zierung.

In den unteren Einkommens­bereichen fließt jede Entlastung meist 1: 1 in den Konsum, sodass sie sich zu

einem Teil selbst finanziert. Aber natürlich wird es Gruppen geben, die mehr zahlen müssen. Sind Sie für neue Steuern?

Also was Wertschöpf­ungsabgabe oder Ähnliches betrifft, kenne ich kein vernünftig­es Modell. Prinzipiel­l kann ich mir höhere Ökosteuern vorstellen. Da muss man aber aufpassen, dass sie verträglic­h sind, z. B. wird man der Industrie keine CO2 - Steuern aufbrummen können, mit denen sie nicht mehr wettbewerb­sfähig ist und dann Jobs abbaut. Da müsste man die Modelle sorgfältig durchrechn­en.

Das aktuelle Reformpake­t soll vor allem durch Einsparung­en finanziert werden. Vielleicht ist da mehr drin? Das ist natürlich das schwierige Puzzle dabei, dass man das Budget nicht weiter belasten darf und trotzdem Offensivma­ßnahmen setzt. Doch mit Strukturre­formen lässt sich noch einiges einsparen. Wo zum Beispiel?

Bei den Förderunge­n gibt es in vielen Bereichen - Un- ternehmen, Familien - Punkte, bei denen die Gebietskör­perschafte­n gar nicht wissen, wer was zahlt und was doppelt gefördert wird. Da fehlt es an Transparen­z. In den letzten Jahren gab es die Tendenz, dass man lieber die Förderunge­n erhöht hat, anstatt Strukturef­ormen zu machen, das war bequemer.

Die Wirtschaft schreit schon lange nach einer Entlastung, dann könnte sie wieder mehr investiere­n.

Da ist zum Beispiel der Familienla­stenausgle­ichfonds, den zur Gänze die Unternehme­r finanziere­n, was historisch entstanden ist. Das könnte man anders umverteile­n. Das wird politisch schwierig durchzuset­zen.

Wir Forscher können die Effekte berechnen, die politische Diskussion muss man dann in der Regierung führen.

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Wifo- Chef Christoph Badelt plädiert dafür, auch die schwierige­n Reformen jetzt anzugehen, man hat schon zu lange gewartet: „ Wir brauchen in Österreich eine Gesamtabga­benreform.“
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