Nicht nur die Uhr zählt Minuten!
Theater in der Josefstadt: Uraufführung von Daniel Kehlmanns „ Heilig Abend“
„ Seit Paris nehmen wir nichts mehr auf die leichte Schulter.“Das Theater in der Josefstadt gibt sich nun auch zeitgemäß und präsentierte am Tag des Endes der Weihnachtszeit, am Donnerstag ( 2. Februar), Kehlmanns 90- Minuten- Stück „ Heilig Abend“im großen Haus. Hausherr Herbert Föttinger als Regisseur hat mit Maria Köstlinger und Bernhard Schir gute Arbeit geleistet, aber . . .
Die „ armen alten Eltern“werden wohl auf ihre Tochter angstvoll warten, der Exmann Peter sitzt nebenan und hat sie angeblich belastet, und irgendwo droht eine Bombe zu explodieren - oder doch nicht? Daniel Kehlmann hat seine Aufgabe für das Theater in der Josefstadt brav gelöst, sich in Zeitungswissen vertieft, ein wenig in der Geschichte denkerischer Extreme ( etwa des Philosophen und Marxisten Frantz Fanon) gestöbert und das in angelsächsischem Dramatikerstil zu einem Stück umgesetzt. Der angebliche Terror kommt bei ihm von innen, von einer klugen Frau von nebenan, auch wenn auf Dschihadisten angespielt wird, auf Krisen von Südamerika bis Israel . . .
Es ist ein Stück über das Nichtwissen auf beiden Seiten: Der Weihnachtsabend
mit der weltgewandten Judith und dem Polizisten Thomas wird aber nicht zum großen Rätselspiel, es folgt auch kein Showdown nach dem vielen Gerede über die Welt in ihrer verzwickten Lage, persönliche Affinitäten wie Abneigungen. Man sieht eher zwei Beziehungskrüppel, die sich unter dem Mantel politischer Korrektoder Unkorrektheit einander annähern und abstoßen.
Maria Köstlinger mit Gelehrtenbrille und Bernhard Schir ( einmal guter, einmal böser Cop) spielen das hinter Plexiglas und mit Mikrofonen verstärkt ( Bühne: Walter Vogelweider) mit großer Intensität und Schauspielkraft, dem Kolportagenhaften des Textes entkommen sie aber nicht ganz, auch wenn ihnen Herbert Föttinger als Regisseur einen dezenten, nur kurz brutalen Rahmen gibt. In 90 oft zähen Minuten, vorgezählt von einer digitalen Uhr im und über dem Container, geschieht recht wenig. Und Bombe platzt auch keine!