Das Schicksal, ein Mörder zu sein
Kammeroper: Händels „ Oreste“mit Eric Jurenas, Kay Link & Ruben Dubrovsky
Intendant Roland Geyer ist in der Kammeroper, der jungen Dependance des Theaters an der Wien, Beeindruckendes gelungen: Beim Innsbrucker Cesti- Wettbewerb und bei Eötvös’ „ Tri sestri“( Staatsoper) hatte er den Amerikaner Eric Jurenas gehört. Nun singt Jurenas in der „ Oreste“-Premiere der Kammeroper die Titelpartie.
Jurenas - er wird übrigens bei den Innsbrucker Festwochen in Keisers „ Octavia“singen - ist ein idealer Oreste: ein Countertenor mit strahlendem Timbre, bewundernswerter Höhensicherheit, mit Gespür für fein gezeichnete Emotionen. Souverän lässt er Händels wahnwitzige Koloraturen perlen, delikat klingen die Ausdrucksschattierungen.
Eindrucksvoll spielt er den Mörder seiner Mutter, ihres Geliebten Ägisthos und seines Schwagers Neoptolemos, dessen Frau er geheiratet hat. Eine feine Psychostudie, in der auch seine Angst vor den mythischen Rachegöttinnen, den Furien, stets mitschwingt.
Der Bach Consort Wien unter Rubén Dubrovsky begleitet mit federnder Rhythmik und Klangfrische. Arien sitzen perfekt, die Rezitative wirken lebendig.
Frederikke Kampmann ist die kämpferische Ermione, deren Abkehr von der Rachebesessenheit den grausamen Barbaren König Toante besiegt ( solide: Matteo Loi). Carolina Lippo ist eine expressive, an ihrem Kampf mit der Priesterinnenpflicht, Fremde zu schlachten, beinahe zerbrechende Ifigenia; Juan Henao Gonzalez der von Liebe zu Oreste getriebene Pilade mit noblem Tenor.
Kay Link inszenierte - im düster- Schmuddeligen Bühnenraum mit KZ- Atmosphäre ( Olga von Wahl) - sparsam zurückgenommen. Wie schrecklich das Vegetieren im Gefängnis und im Tempel auf Tauris gewesen sein muss, spürt man - ebenso wie die Schrecken in Aischylos’ Original-„ Orestie“nicht. Auch wegen „ schräger“Pointen - Ermione kommt etwa im Taucheranzug aus dem Meer.