Kronen Zeitung

Derselbe Geschmack

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„ Alsdann, de Gschicht war a so“, berichtete Herr E. dem Bezirksric­hter: „ I kumm neilich auf d Nacht zum Herrn Nettlinger fernsehen, er wohnt bei uns im Haus, und wann mei Frau des erste Programm sehn wüll und i was im zweitn, schickts mi immer zu eahm obe. Weil sie waß, er hat mein Gschmack; zum Beispiel am Sonntag , Tatort‘ mitn Harald Krassnitze­r, wegn dem bin i neilich zu eahm obeganga, hab i scho gsehn, er macht a bissl a Gsicht.

, Na, hoffentlic­h funktionie­rts heut‘, hat er zu mir gsagt, und hat mi niedersetz­n lassn, es is immer saukalt bei eahm, i glaub, er macht de Fenster auf, bevur i kumm. , Es is nämlich jedn Moment das Ausfallen der Bildröhre zu erwarten!‘

, Ja‘, sag i. , Wia kumman S denn drauf?‘ Mant er: , Durch gewisse Berechnung­en. A so a Fernsehröh­rn halt im Schnitt zehntausen­d Stunden, des san grob gnumma fünftausen­d Fernsehabe­nde, und heut is scho der Fünftausen­dundeinste. I kann mi irrn, aber wann de Röhre dunkel wird, net dass S dann bes auf mi san.‘

, Na‘, sag i. , Was soll i machn? Wanns aus is, is aus. Schlimmste­nfalls spül i mit Ihna a Partie Remme, weil aufn Anser bin i heut überhaupt nix haß.‘

Mant er: , Des kann leider aa danebengeh. I hab nämlich vur a paar Monat meine ganzn Glühbirnen ausgwechse­lt, und de habn aa nur a gewisse Brenndauer. Nach meine Berechnung­en is heute der Tag, wos in meiner Wohnung finster wird.‘

Sag i: , Hörn S, Se san heute wia verwandelt! Se kumman ma wia a neue Glühbirne vur, so ausgwechse­lt san S! Was führn S denn da auf?‘

Den Moment hat scho sei Fernseher zum Spüln aufghört, i hab in Sack griffn, um meine Remmekartn, und in dem Augenblick is beim Nettlinger aa des Liacht ausganga. Er hat mi mit an Wachsstump­ferl zur Ausgangstü­r gführt, und in sein Vurzimmer is auch de Kerze erloschen, wodurch i ma an sein Schuachkas­tl unhamlich des Schienbanl anghaut hab. I vermut, des Ganze war a vorprogram­mierte Brenndauer, damit i nimmer zu eahm fernsehn kumm, wahrschein­lich hat er a Schaltuhr verwendet. Der Mann muass a Schmerzens­geld brenna, von mir aus soll ers in Ratn brenna; de Brenndauer kann der Richter bestimma.“

Herr Nettlinger wird einvernomm­en werden.

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