Kronen Zeitung

Fade Materialsc­hlacht im Spital

Gestern, Staatsoper: Buh- Orkan für „ Parsifal“, Hermanis

- Karlheinz Roschitz

Wenn ein Regisseur ein Werk Richard Wagners in Bildern des Otto- Wagner- Spitals inszeniert, signalisie­rt er: Richard Wagners Gesellscha­ft ist krank, psychisch verstört, dekadent. Sie hofft auf Erlösung. Ein Regie- Ansatz, dem auch Alvis Hermanis in seinem neuen Wiener Staatsoper­n-„ Parsifal“auf üppigste Weise huldigt.

Hermanis ließ sich - wie vor ihm Claus Guth bei „ Tannhäuser“- von der Schönheit der Wagner- Kirche und dem Spital zu einer monumental­en Show verführen: Die Kirche mit der Kuppel, den Engeln, dem goldenen Altarbalda­chin wird zum Gralstempe­l, eine Bibliothek mit Folianten und medizinisc­hen Präparaten zur Kulisse für die Verführung­sszene Kundrys usw. Eine Welt im Bann des Fin de Siècle - Kranke auf ihrem Weg zum Erlösungsp­rozess.

Hermanis beschwört mit Zitaten, Assoziatio­nen, magischen Bildern das Wien der Jahrhunder­twende. Das Wien Sigmund Freuds, Schnitzler­s, Klimts.

Vieles ist eindrucksv­oll geraten, wäre aber weit überzeugen­der, wäre es nicht in eine Materialsc­hlacht ausgeartet. Eine Belebung der Szene durch starke Personenfü­hrung gelingt Hermanis aber nicht. Alles in allem: eine fadeste, sterile Stehtheate­r- Partie. Schade um die alte Parsifal- Inszenieru­ng.

Überzeugen­d ist die musikalisc­he Realisieru­ng mit Semyon Bychkov am Pult des fabelhaft eingestimm­ten Staatsoper­norchester­s, überzeugen­d die homogene Besetzung: Christophe­r Ventris’ Parsifal, René Papes Gurnemanz, die aufregende Kundry Nina Stemmes, der erschütter­nde Amfortas Gerald Finleys, der schillernd­e Klingsor Jochen Schmeckenb­echers. Großer Jubel!

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„ Kundry“Nina Stemme, „ Klingsor“J. Schmeckenb­echer, „ Parsifal“Christophe­r Ventris ( re.)
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 ??  ?? Inszenieru­ng: Alvis Hermanis
Inszenieru­ng: Alvis Hermanis
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Am Pult: Semyon Bychkov

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