Fade Materialschlacht im Spital
Gestern, Staatsoper: Buh- Orkan für „ Parsifal“, Hermanis
Wenn ein Regisseur ein Werk Richard Wagners in Bildern des Otto- Wagner- Spitals inszeniert, signalisiert er: Richard Wagners Gesellschaft ist krank, psychisch verstört, dekadent. Sie hofft auf Erlösung. Ein Regie- Ansatz, dem auch Alvis Hermanis in seinem neuen Wiener Staatsopern-„ Parsifal“auf üppigste Weise huldigt.
Hermanis ließ sich - wie vor ihm Claus Guth bei „ Tannhäuser“- von der Schönheit der Wagner- Kirche und dem Spital zu einer monumentalen Show verführen: Die Kirche mit der Kuppel, den Engeln, dem goldenen Altarbaldachin wird zum Gralstempel, eine Bibliothek mit Folianten und medizinischen Präparaten zur Kulisse für die Verführungsszene Kundrys usw. Eine Welt im Bann des Fin de Siècle - Kranke auf ihrem Weg zum Erlösungsprozess.
Hermanis beschwört mit Zitaten, Assoziationen, magischen Bildern das Wien der Jahrhundertwende. Das Wien Sigmund Freuds, Schnitzlers, Klimts.
Vieles ist eindrucksvoll geraten, wäre aber weit überzeugender, wäre es nicht in eine Materialschlacht ausgeartet. Eine Belebung der Szene durch starke Personenführung gelingt Hermanis aber nicht. Alles in allem: eine fadeste, sterile Stehtheater- Partie. Schade um die alte Parsifal- Inszenierung.
Überzeugend ist die musikalische Realisierung mit Semyon Bychkov am Pult des fabelhaft eingestimmten Staatsopernorchesters, überzeugend die homogene Besetzung: Christopher Ventris’ Parsifal, René Papes Gurnemanz, die aufregende Kundry Nina Stemmes, der erschütternde Amfortas Gerald Finleys, der schillernde Klingsor Jochen Schmeckenbechers. Großer Jubel!