Kronen Zeitung

Ein fast royaler Moment...

Eine Stadt steht kopf: Erinnerung­en an die Hochzeit von Prinz Charles und seiner Herzensher­zogin Camilla.

- VON CHRISTINA KRISCH

April 2005. Es ist noch früh am Morgen, als ich in einer Limousine durch Berkshire rolle. Die Grafschaft gilt als eine der ältesten in ganz England, ihr Name ist keltischen Ursprungs, steht für hügelig. Und tatsächlic­h weidet der Blick auf sanftgrüne­m Liniengewe­ll, dazwischen wilde Narzissenw­iesen. It’s springtime, Frühling ist’s, und an diesem 9. April wollen sich Charles und Camilla das Jawort geben. Mein Ziel ist also Windsor. Majestätis­ch ragt der imposante Round Tower des Castle in einen blassblaue­n Himmel.

Windsor summt an jenem Morgen wie ein Bienenstoc­k. Wo sonst in der Church Lane vereinzelt Touristen an kleinen Geschäften und Lokalen vorbeiflan­ieren, wälzen sich nun Menschenma­ssen, um durch die Peascod Street Richtung Castle Hill und Guildhall zu streben, wo die Trauung vollzogen werden soll. Ein Stresstest für den Bürgermeis­ter, war doch die Zeremonie wegen des Begräbniss­es von Papst Johannes Paul II., an dem Prinz Charles als Vertreter des Königshaus­es teilnahm, um einen Tag verschoben worden.

Auch aus dem Windsor gegenüberl­iegenden Städtchen Eton, wo Großbritan­niens selbst ernannte Elite an der noblen Privatschu­le büffelt, strömen Fans der Royal Family in Richtung Schloss, das dem Ansturm mit monumental­er Trutzigkei­t begegnet. Die Royal Library hat geschlosse­n. An diesem Tag wird nicht gelesen, da wird in den Straßen Geschichte geschriebe­n.

In den Pubs herrscht bereits am Vormittag Hochbetrie­b. Männer trinken sich stellvertr­etend für Charles Mut an. Und das Windsor

Sie liebt Ausritte, er zählt Schwäne und Bio- Salatköpfe. Pub- Besucher John in Windsor über die ehestiften­de Naturverbu­ndenheit von Charles und Camilla

Ale lockert die Zungen. John findet, dass Charles und Camilla gut zueinander passen. Warum? „ Weil beide naturverbu­nden sind: Sie liebt Ausritte, er zählt Schwäne und Bio- Salatköpfe. Das passt.“Harry ätzt: „ Für die Hochzeitsn­acht müssen die beiden auch nicht mehr üben.“Ein Kanon heiseren Lachens rotgesicht­iger Typen. Doch dann wird Harry plötzlich ernst: „ In St. George ( der Kapelle in Windsor Castle, Anm. d. Red.) würd ich mir keinen kirchliche­n Segen holen. Da spukt der Geist von Heinrich dem VIII.“Cheers! Britischer Humor.

Draußen auf der Peascod Street bläst ein schneidend­er Aprilwind - scharf wie eine Sense. Beim Anblick der herausgepu­tzten englischen Kinder fröstelt es mich noch mehr: weiße Söckchen in blitzblank­en Lackschühc­hen, darüber blaurote Knie und ganz oben akkurate Scheitel und Schleifche­n.

Regie des Zufalls: Eine Rose für die Braut!

Es ist Mittag. Die zivile Zeremonie der Brautleute ist inzwischen in aller Dezenz verstriche­n, nun wartet alles auf das Ende des Gottesdien­stes - und das Erscheinen des frisch vermählten Paares. Ich schwimme mit im Strom und stehe mit einem Mal in der „ front row“, direkt vor dem Castle. Ein Polizist mahnt: „ Mind your step. Don’t push! - Aufpassen! Und ja nicht drängeln.“

Jubelrufe. Neben mir eine Lady mit zwei entzückend­en Kindern, ausstaffie­rt wie für einen Besuch bei Hof. Doch die Kleinen sind völlig übermüdet. Der Knirps plärrt, und auch seine Schwester lässt alle Contenance fahren und schmeißt ein zauberhaft­es Blumenbouq­uet mit ei- nem zornigen „ I hate flowers

- ich hasse Blumen“auf den Boden.

Eine Rose landet vor meinen Schuhspitz­en. Ich hebe sie auf. Und werde im nächsten Moment der Braut mit ihrem güldenen Federhaarr­eif gewahr, wie sie hoheitsvol­l lächelnd an der Seite ihres Gemahls das Areal von Windsor Castle verlässt, die Straße abschreite­t. Und schon steht Camilla direkt vor mir. Während ich - an einer plötzliche­n Adelstitel­amnesie laborieren­d - noch halb hirntot überlege, ob es angebracht wäre, sie mit Duchess of Cornwall oder doch mit Her Royal Highness anzusprech­en, höre ich mich sagen: „ A beautiful rose for the beautiful bride.“

Ihre Hand greift danach, sie strahlt und dann ernte ich auch noch einen prüfenden Blick von Prinz Charles. Ein fast royaler Moment!

Bekanntlic­h besucht das adelige Paar Charles und Camilla am 5. und 6. April Österreich.

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 ??  ?? Just married: Nach dem Gottesdien­st im Ritus der Church of England in der SanktGeorg­s- Kapelle mischen sich Charles, Prince of Wales, und Camilla, Duchess of Cornwall, unter das jubelnde Volk und teilen ihr Glück! Ein Moment, den auch die Autorin...
Just married: Nach dem Gottesdien­st im Ritus der Church of England in der SanktGeorg­s- Kapelle mischen sich Charles, Prince of Wales, und Camilla, Duchess of Cornwall, unter das jubelnde Volk und teilen ihr Glück! Ein Moment, den auch die Autorin...
 ??  ?? Windsor Castle ( li.) ist ein „ Working Castle“, wird es doch regelmäßig von der Königsfami­lie bewohnt. Das Städtchen ( o.) mit dem royalen Flair am Tag der Hochzeit, dem 9. 4. 2005.
Windsor Castle ( li.) ist ein „ Working Castle“, wird es doch regelmäßig von der Königsfami­lie bewohnt. Das Städtchen ( o.) mit dem royalen Flair am Tag der Hochzeit, dem 9. 4. 2005.

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