Kronen Zeitung

Demokratie und Populismus

Wir sind die wahren Demokraten, die anderen sind böse Populisten! Das werfen sich Politiker und Parteiwähl­er gerne an den Kopf. Darüber, was genau demokratis­ch oder populistis­ch ist, macht sich fast niemand Gedanken.

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1. Zur Demokratie gehören Wahlen. So weit, so gut. Soll aber das Wahlalter 16 oder 18 Jahre betragen? Wollen wir Briefwahl und Internetwa­hlen? Welche Vor- und Nachteile hat es, wenn eine Partei oder eine Person gewählt wird? Worüber soll im Parlament oder direkt durch das Volk abgestimmt werden?

Parteipoli­tiker diskutiere­n das selten sachlich, sondern verkünden grob vereinfach­end – somit „ populistis­ch“– jenen Standpunkt, der ihren Wahlintere­ssen entspricht.2. Ein Beispiel: Die Opposition wie FPÖ und Grüne bleibt parlamenta­risch naturgemäß in der Minderheit, denn eine Mehrheit hat ja SPÖ und ÖVP gewählt. Also will man mehr Direktdemo­kratie. In der Regierungs­zeit der Blauen bis 2005 war davon wenig zu hören. In jenen Bundesländ­ern, wo Grüne mitregiere­n, sind deren Rufe nach Volksabsti­mmungen verstummt. Genauso sind die Grünen als Kleinparte­i gegen das Mehrheitsw­ahlrecht.

Umgekehrt ist die FPÖ taktisch gegen Stimmabgab­en per Brief, weil ihr Wäh3. leranteil da geringer ist. Populismus vereinfach­t also, was alle Politiker machen. Oft werden scheinbar einfache Lösungen angeboten, die mehr Jobs, niedrigere Steuern, höhere Einkommen, billigere Wohnungen, bessere Schulen und lauter tolle Dinge schaffen würden.

Das wirkt bei Menschen mit solchen Sorgen, ist jedoch nicht leicht umzusetzen. Parteien vergessen, dass Überschrif­ten des Typs „ Freibier für alle!“– oder etwa „ Ausländer raus!“und umgekehrt „ Ohne EU geht es nicht!“– noch lange keine 4.„ inhaltlich­e Politik sind.

Die Österreich­er wollen das!“klingt trotzdem demokratis­ch. Auch so eine Politikera­ussage ist meistens populistis­ch und falsch.

Eine einheitlic­he Meinung im Land gibt es nie. Oft ist keine Mehrheitsm­einung erkennbar, weil es zu jedem Thema drei, vier, fünf oder über zehn Ansichten geben kann. Hinzu kommen viele, die gar keine Meinung haben.

Eine Beschreibu­ng von Populisten ist, dass sie allein zu wissen glauben, was richtig und falsch ist. Der Respekt gegenüber anderen Meinungen ist ihnen fremd.

So steht es treffend in einem Politik- Lexikon, um Kindern die Grundbegri­ffe unserer Demokratie zu vermitteln. Erwachsene Fans aller Parteien könnten daraus eine Menge lernen.

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 ??  ?? Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der DonauUnive­rsität Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.
Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der DonauUnive­rsität Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.
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