Kronen Zeitung

Die drei Superwahle­n 2017

2017 finden in den drei größten Staaten der EU Wahlen statt. Frankreich stimmt heute über seinen Präsidente­n ab. Es folgen Parlaments­wahlen des Noch- Mitglieds Großbritan­nien und in Deutschlan­d. Was danach passieren kann, reicht vom Rechtsruck bis zum Li

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1. In Frankreich, Großbritan­nien und Deutschlan­d leben etwa 40 Prozent aller Einwohner der EU. Obwohl es sich nur um ein gutes Zehntel der EU- Mitgliedst­aaten ( drei von 28) handelt, macht der Anteil der „ großen drei“am Bruttoinla­ndsprodukt – dem Gesamtwert aller in der EU Frankreich wählt im Angesicht des Terrors den Nachfolger – oder mit Marine Le Pen die Nachfolger­in – von Staatspräs­ident François Hollande.

produziert­en Waren und Dienstleis­tungen – rund die Hälfte aus. Ändert sich je nach Wahlergebn­is der politische Kurs, hat das gewaltige Auswirkung­en für den

2. ganzen Kontinent. In Frankreich ist der zu wählende Präsident wichtiger als das Parlament, weil das Staats- oberhaupt umfassende Kompetenze­n hat. Er oder sie kann den Regierungs­chef bestellen, die Nationalve­rsammlung nach Gutdünken auflösen und zu allen Gesetzen eine Volksabsti­mmung veranlasse­n. Hinzu kommen Notstandsb­efugnisse in der Sicherheit­spolitik. Auch braucht es die Mitwirkung des Präsidente­n für parlamenta­rische Sondersitz­ungen, die Unterzeich­nung von Verordnung­en und Ernennunge­n hoher Beamter

3. oder Militärper­sonen. Für das enorm machtvolle Amt sind elf Kandidaten am Start. Weil keiner sofort 50 Prozent und eine Stimme als absolute Mehrheit erhalten wird, geht es zunächst um den Einzug der beiden Bestplatzi­erten in die Stichwahl. Da haben vier Politiker eine Chance, die kaum gegensätzl­icher sein können. Von Marine Le Pen über François Fillon und Emmanuel Macron bis zu Jean- Luc Mélenchon.

4. Die Erstgenann­te ist eine stramme Nationalis­tin am rechten Rand. Letzterer darf Linkslinke­r genannt werden, weil von der Parti de Gauche („ Linksparte­i“) und den Kommuniste­n unterstütz­t.

Ähnlich groß ist der Gegensatz zwischen Le Pen und Macron. Der beschwört nämlich die Einheit der Union, während sie einen Austritt Frankreich­s will. Der bürgerlich­e Fillon ist als ExPremierm­inister des früheren Präsidente­n Nicolas Sarkozy irgendwie das Gegenstück zum aktuellen Amtsinhabe­r, dem Sozialiste­n François Hollande. Wer immer gewinnt, es ist eine Richtungse­ntscheidun­g.

5. Im Vereinigte­n Königreich von Großbritan­nien und Nordirland hat Premiermin­isterin Theresa May eine Wahl des Unterhause­s – dem Natio--

nalrat hierzuland­e vergleichb­ar – am 8. Juni ausgerufen.sgerufen. Die Lords im Oberhaus aus haben nichts zu sagen, folglichli­ch werden im Mutterland der er Demokratie die Machtverhä­ltnisse hältnisse komplett neu geregelt.t.

Die Parlaments­souveräni-ouveränitä­t bedeutet, dass politische Zuständigk­eiten nur nach Ermessen an Regionen oder Gemeinden übertragen werden. Die 650 Abgeordnet­en en des nationalen Parlaments können demnach alles bestimmen. mmen. Sie sind nicht einmal einer ner übergeordn­eten Verfassung­ung verpflicht­et.

6. Weil es ein Mehrheits-ehrheitswa­hlrecht gibt, t, bilden Einparteie­n- Regierun-egierungen den Regelfall. May hofft, die Alleinregi­erung ihrer hrer konservati­ven Tories zu erhalten. Stärker dürfte die schottisch­ehottische Nationalpa­rtei SNP werden, welche jedoch naturgemäß­urgemäß mangels Abgeordnet­en eten aus England oder Waleses insgesamt schwach bleibt.

Die Liberalen werdenrden ein bisschen zulegen, während die linke Arbeiterpa­rtei ( Labour Party) heillos zerstritte­n ist. Das Königreich bleibt wohl klar rechts. Der Brexit als Weg aus der EU wird durchgezog­en.

7. Die Bundestags­wahl in Deutschlan­d soll am 24. September stattfinde­n. Für die Zukunft ist gar nicht so entscheide­nd, ob das CDU/ CSU- Bündnis mit Angela Merkel vorne bleibt oder die SPD mit Martin Schulz weiter aufholt. Denn nach dem Umfragesta­nd sind jede Menge ( Dreier-) Koalitione­n denkbar. SPD, Grüne und Linke wären eine totale Trendwende.

Merkels Parteien mit der liberalen FDP sind trotz grünem Beigeschma­ck die Rechtsvari­ante. Nur die Fortsetzun­g der großen Koalition ist weder Fisch noch Fleisch,

8.aber unwahrsche­inlich. Die nächste Parlaments­wahl in Italien muss nach der italienisc­hen Verfassung spätestens bis zum 23. Mai 2018 erfol- gen. Nach dem Scheitern der Linksregie­rung von Matteo Renzi im Vorjahr muss das Wahlrecht reformiert werden, worauf bereits heuer Neuwahlen folgen könnten.

Weil anders als bisher bloß Parteien und keine Parteibünd­nisse antreten dürfen, ist nichts ausgeschlo­ssen. Auch nicht ein Sieg des „ Movimento 5 Stelle“, der Bewegung des populistis­chen Ex- Komikers Beppe

9. Grillo. Der Rest ist eine Wahl zum tschechisc­hen Abgeordnet­enhaus. Ansonsten herrscht wahlkämpfe­risch ein Jahr lang Ruhe. Es sei denn, Österreich erlebt im Herbst vorgezogen­e Neuwahlen. Dass bei einem Zuwarten bis 2018 Nationalra­tswahl und österreich­ische EU- Präsidents­chaft zeitgleich wären, ist ein der Regierung willkommen­er Vorziehgru­nd. Danach ist alles außer nochmals die nicht mehr miteinande­r wollenden SPÖ und ÖVP möglich. Wir tragen unser Scherflein zur Veränderun­g bei.

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 ??  ?? Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der DonauUnive­rsität Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.
Peter Filzmaier ist Professor für Politikwis­senschaft an der DonauUnive­rsität Krems und der Karl- Franzens- Universitä­t Graz.
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Bis spätestens Mai 2018 müssen die italienisc­hen Wähler entscheide­n, ob Paolo Gentiloni Ministerpr­äsident bleibt.
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Sie will es nochch einmal wissen: Angela Merkel kandidiert bereits zum vierten Mal für die deutsche Bundeskanz­lerschaft. chaft.
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Britannien­s Premiermin­isterin Theresa May ist siegessich­er und hat die Neuwahl des Unterhause­s für 8. Juni ausgerufen.

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