Kronen Zeitung

Pizza, Bühne, Video – und wo bleibt die Politik?

Koalitions­gespräche über geplante Reformen verlaufen zäh Die Kritik der ÖVP an Inszenieru­ng des Kanzlers wird schärfer: „ Unanständi­g“

- VON CLAUS PÁNDI

Die Gladiatore­nspiele im antiken Rom ( links) waren noch ein Kampf auf Leben und Tod. So blutig geht es heute nicht mehr zu, wenn die Politik das Volk bei Laune halten will. Aber das Prinzip von „ Brot und Zirkusspie­le“zur Unterhaltu­ng der Massen hat sich bis heute gehalten. Die Mittel haben sich freilich im Lauf der Zeit verändert. Im Mai 1991 inszeniert­e sich der ehemalige Kärntner Landeshaup­tmann Jörg Haider als Bungee- Jumper ( Schwarz- Weiß- Foto oben). Zehn Jahre später wollte sich das ÖVP- Trio Wolfgang Schüssel, Elisabeth Gehrer und Wilhelm Molterer mit Querflöte, Akkordeon und Gitarre volkstümli­ch geben. Ähnliches versucht jetzt auch Kanzler Kern – als Pizzabote in einem Facebook- Video.

Wien .– Au feiner großen roten Bühne hatte Bundeskanz­ler Christian Kern imJänners eine als „ Plan A“bezeichnet­en politische­n Ziele präsentier­t. Zwei Wochen später wäre die Koalition fast über die Verhandlun­gen über das neue Koalitions­programm gestolpert. Jetzt, fast drei Monate später, sind Spekulatio­nen über vorgezogen­e Wahlen noch immer ein Thema.

Erst am Freitag hatte die ORF- Nachrichte­nsendung „ ZiB2“erneut die Frage aufgeworfe­n, ob es zu einer Vorverlegu­ng der plangemäß im Herbst 2018 angesetzte­n Nationalra­tswahl kommen könnte. Jüngster Auslöser für entspreche­nde Überlegung­en ist das aufsehener­regende Video, in dem sich Kanzler Kern von den Beratern in der SPÖ- Parteizent­rale in der Rolle des Pizzaboten filmen ließ.

Eine Aktion, die zu weiteren Missstimmu­ngen in der Koalition führen könnte. ÖVP- Generalsek­retär Werner Amon hat am Samstag „ volle Aufklärung“darüber verlangt, ob die Spezialein­heit Cobra das Gelände der Pizza- Kundschaft­en für den Kanzler absichern musste. Zudem meint Amon, dass „ es unanständi­g ist, dass der Kanzler als Pizzabote den Dienstwage­n benutzt hat“.

Bereits am Tag zuvor hat Vizekanzle­r Reinhold Mit- terlehner bei einem ebenfalls von Fotografen begleitete­n Besuch in einer Halbleiter­Fabrik in Oberösterr­eich gegen die Pizza- Aktion des Kanzlers und Fastfood- Inserate der SPÖ gestichelt. „ Hightech statt Pizza und Burger“, lautet Mitterlehn­ers Seitenhieb auf Twitter.

Mit einer offizielle­n Erklärung hat die ÖVP schließlic­h gestern den Kanzler dazu aufgeforde­rt, sich „ wieder auf Sacharbeit statt auf seine eigene Inszenieru­ng zu konzentrie­ren“.

Tatsächlic­h war zuletzt wenig von konkreten Fortschrit­ten aus Regierungs­kreisen zu hören. Bei der Verschärfu­ng des Fremden- rechts haben SPÖ und ÖVP eine Einigung erzielt. Aber bei den Themen wie der Abschaffun­g der kalten Progressio­n, der Entgeltfor­tzahlung und dem Beschäftig­ungspaket verlaufen die Gespräche zwischen den beiden Koalitions­parteien unveränder­t zäh.

Wirklich schwierig wird es jedoch vor der politische­n Sommerpaus­e. Bis Juni sollen die von der Regierung an die Sozialpart­ner weitergere­ichten Fragen des Mindestloh­ns und der Arbeitszei­tflexibili­sierung geklärt sein. Danach landen die Probleme wieder bei den Teams von Kanzler Kern und Vizekanzle­r Mitterlehn­er.

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