Durchschnittlich
Es war die übliche sozialdemokratische Folklore auf dem Wiener Rathausplatz: Mit roten Nelken und dem unvermeidlichen Winken mit dem roten Tüchlein – ohne Aufreger, ohne Skandal, ohne irgendetwas. Die Veranstaltung war unspektakulär und durchschnittlich, sowohl was die Besucherzahl als auch die Reden und die politischen Botschaften betrifft.
Und das ist für die SPÖ in der derzeitigen Situation gar nicht das Schlechteste. Nach dem Gemetzel beim Wiener Parteitag, bei dem Bürgermeister Michael Häupl, seine Vertrauten, aber auch Gegenspieler Stadtrat Michael Ludwig katastrophale Abstimmungsergebnisse hinnehmen mussten, ist ein ruhiger Maiaufmarsch durchaus schon ein Erfolg.
Entsprechend hörbar war dann auch das erleichterte Aufatmen vieler Roter – zum Glück ist nichts passiert, so lautete der allgemeine Tenor.
Wiens Bürgermeister Michael Häupl dürfte die Streichorgie vom vergangenen Samstag noch gehörig im Magen liegen, er blickte stets grantig und grimmig vom Podium in die Menge.
Wesentlich mehr genoss Bundeskanzler Christian Kern seinen Auftritt, er feierte seine Mai- Premiere auf dem Rathausplatz. Er posierte geduldig für Selfies, schüttelte unzählige Hände, führte Smalltalk, hörte zu und bedankte sich bei den roten Fans fürs Kommen. Da waren die Wiener Rathauspolitiker schon längst wieder in ihre eigenen, gut vor der Öffentlichkeit geschützten, Kreise verschwunden.