Er pfeift auf VIP
Sonntagnachmittag in einem gemütlichen Heurigenlokal in Wien- Oberlaa: Auf dem riesigen Flatscreen im Schankraum läuft gerade der Grand Prix von Russland. Immer wieder kommen dabei Gäste und fragen: „ Kann man dann hier auch das Match Thiem gegen Nadal sehen?“Keineswegs selbstverständlich, da ebendieses nur im Pay- TV übertragen wurde.
Ein untrügerisches Zeichen dafür, dass der Tennissport wieder von nationalem Interesse ist. In einer Form, wie das seit den Zeiten eines Thomas Muster nicht mehr der Fall war. Aber das liegt nicht nur an den herausragenden sportlichen Fähigkeiten dieses Dominic Thiem. Auch an seinen menschlichen. Er wirkt immer fair, sympathisch und vor allem authentisch.
Man nimmt ihm ab, wenn er erklärt, dass er sich in seinem kleinen, beschaulichen Heimatort Lichtenwörth irgendwie wohler fühlt als im luxuriösen Monte Carlo. Bestes Beispiel für seine Bodenständigkeit: Als er unlängst während des Turniers im Fürstentum auf seine für das Champions- League- Spiel zwischen Monaco und Dortmund bereitliegende VIP- Karte pfiff und sich lieber mit Tausenden anderen in den deutschen Fansektor drängte, um die Atmosphäre aufsaugen zu können.
Mit dieser bescheidenen Art trifft der 23- jährige Niederösterreicher, der drauf und dran ist, aus dem „ Sportler des Jahres“- Duell zwischen Marcel Hirscher und Stefan Kraft einen Dreikampf zu machen, die Menschen mitten in ihr Herz. Er sollte aber auch als Vorbild dienen. Für zahlreiche Blender, die weit abgehobener sind – obwohl sie in ihrem ganzen Leben ungleich weniger erreicht haben als Dominic mit erst 23.