Politik der Antike
Volkstheater: Heiner Müller, „ Philoktet“
Es ist ein sehr alter Stoff: Die griechische Mythologie erzählt von Philoktet, der – an Körper und Seele – verwundet, einsam auf einer Insel schmachtet und auf seinen Widersacher Odysseus wartet. Heiner Müller hat die Geschichte 1968 in ein politisches Drama gegossen – und als Parabel inszeniert. Im Volkstheater in den Außenbezirken ist der Eineinhalbstünder nun zu erleben.
Heiner Müller bringt ein Lehrtheater, aber ohne allzu viel direkte Belehrung, sondern durch Demonstration. Er zeigt auf: drei politische Positionen, die allesamt nicht das Zeug zum wirklich überzeugenden Sympathieträger haben. Der smarte Politiker, so wendig wie im Lügen geübt; der von Idealismus Getragene, aber Schwache; und der Erbitterte, blutig Wütende.
In Monologen tragen sie vor, in Dialogen ringen sie. Heiligt der Zweck die Mittel? Gibt es den absolut immer richtigen Weg?
Calle Fuhr hat im Volkstheater ungemein direkt und unverstellt inszeniert: Die Figuren machen, was man von ihnen erwartet, sie argumentieren und kämpfen vorhersehbar.
Es wird so konkret wie nur möglich gespielt, inklusive Ächzen und Stöhnen, Humpeln und Würgen. Ein bisschen Buchstabieren ist das, manchmal dann zu sehr abbildend und zu gerade am Text entlang. Zum Atmen kommt da die Sprache nicht.
Bravourös die Textbeherrschung der Darsteller! Stefanie Reinsperger gibt den Philoktet, mit Brachialgewalt und dem Einsatz aller Kraftmittel. Das Drama der Figur ist greifbar: voller Intensität. Luka Vlatkovic als Neoptolemos muss ein wenig tumb wirken, kaum spannend in seinem Handeln. Sehr heutig der Odysseus von Sebastian Klein, millimetergenau gespielt.
Ihnen allen fehlt aber ein wenig die Entwicklung der Figuren!