Kronen Zeitung

Kranke Mutter bekam statt Pflege ein Leben im Dreck

88- jährige Wienerin starb bei Sohn in „ Messi“- Wohnung:

- Silvia Schober

Es berührt die Vorstellun­g, wie Mutter und Sohn in einer Wiener „ Messi“- Wohnung gehaust haben müssen. Sie, pflegebedü­rftig, schlief auf Zeitungen und ein paar Decken im Dreck am Boden. Er, arbeitslos, war mit der Pflege der Frau völlig überforder­t. Das führte letztlich laut Anklage zum Tod der 88- Jährigen.

Die Frau war die letzten Jahre in der Wohnung des Sohnes auf dem Boden gelegen. Aufstehen konnte sie längst nicht mehr. Letztlich starb sie dort, wundgelege­n, mit Maden übersät. Zu „ grauenhaft“sei die Wohnung gewesen, um Pflegekräf­te kommen zu lassen, hatte der Sohn damals der Polizei erklärt. „ Sie war die Einzige, die mir nahe gestanden ist“, sagt er jetzt. Sie habe immer gesagt, wo es langgeht, trotz Demenz. „ Haben Sie nie überlegt, einen Arzt zu rufen?“, fragt Richter Stefan Renner. „ Sie wollte keinen“, erklärt er, „ das hätte sie als Verrat angesehen.“Hätte er sie in ein Heim gegeben, „ hätte sie kein Jahr mehr gelebt, das hat sie selbst gesagt.“

Laut Gutachten hätte eine profession­elle Betreuung den Tod sehr wohl verhindert. „ Wenn jemand mit 88 Jahren stirbt, muss man das zur Kenntnis nehmen“, meint der Sohn. Richter Renner sieht das anders: „ Das Gesetz macht keinen Unterschie­d im Alter!“Urteil: 18 Monate bedingte Haft und 1440 € unbedingte Geldstrafe, nicht rechtskräf­tig.

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