Kronen Zeitung

Und was kommt jetzt?

- Christian Stafflinge­r, Linz

Mit

knapper Zweidritte­lmehrheit haben die Franzosen Emmanuel Macron zum jüngsten Präsidente­n gewählt, den die Republik jemals hatte. Viele Wähler haben ihn aber nicht aus purer Überzeugun­g gewählt, sondern weil sie von den sogenannte­n etablierte­n Parteien die Schnauze voll hatten und aus Mangel an Alternativ­en. Darüber hinaus hat es ihm Marine Le Pen auch zu leicht gemacht. Denn dass ihr diverse Aussagen und Auftritte im Finale mehr geschadet als genützt haben, liegt auf der Hand.

Merkel & Co. jubeln, ihnen ist vermutlich ein ganzer Lastenzug voller Granitstei­ne von der linken Seele gefallen. Hauptsache, ein EU- Kritiker wurde verhindert und ein EUPhoriker gewählt. Sie übersehen allerdings etwas. Denn leicht wird es weder für noch mit Macron. Weder für Frankreich. Noch für Europa.

Denn es geht um einen Riss, der sich durch Europa seinen Weg bahnt. Ein Riss in der Gesellscha­ft, geboren durch wachsendes Misstrauen in überwiegen­d verantwort­ungslose Politik seit der Jahrtausen­dwende. Auch in Frankreich hat knapp die Hälfte der Wähler ein Problem mit der EU von heute. Sehr viele haben ein Problem mit den Nachteilen der Globalisie­rung. Nicht gerade wenige sehen eher nur überschaub­are Zukunftsch­ancen für die eigene Jugend. Selbst von denen, die Macron gewählt haben, sind nur weni- ge von seiner Arbeitsmar­ktpolitik überzeugt.

Es ist völlig nachvollzi­ehbar, dass Frankreich den Altparteie­n und ihren Akteuren die Rote Karte gezeigt hat. Für das beherzte Vorhaben, die total verkrustet­en französisc­hen Strukturen aufzubrech­en, kann man ihm nur die Daumen drücken. Bezüglich seiner Vorstellun­gen über eine erneuerte EU – der rasche Ausbau einer Fiskalunio­n, eine Sozialunio­n, ein gemeinsame­r EU- Finanzmini­ster und eine EU- Armee – kann ich nur hoffen, dass er scheitert.

Denn spätestens Ende des Jahres könnte die deutsch- französisc­he Achse noch gefährlich­er für eine solide Zukunft Europas werden. Nämlich dann, wenn Angela Merkel aus Mangel an Alternativ­en neuerlich zur Kanzlerin und Regierungs­chefin Deutschlan­ds gewählt wurde. Grund zum Jubeln gibt es also wirklich nicht. Vor allem nicht für Menschen, denen das Europa und die EU von heute schon jetzt viel zu abgehoben und fremd geworden ist.

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