Der Kurz- Poker
Die ÖVP- Granden sind sich einig: Außenminister soll Mitterlehner folgen Als neue Nummer 1 will er mehr Macht, stellt Bedingungen Wann Neuwahl? Machtkämpfe, Gerüchte, Intrigen
Ein nachdenklicher Sebastian Kurz – der Außenminister soll jetzt nach dem Rückzug von Reinhold Mitterlehner als Parteichef und Vizekanzler die ÖVP aus der Krise und in die Neuwahl führen. Der 30Jährige ziert sich aber noch, stellt Forderungen und verlangt freie Hand bei wichtigen Entscheidungen.
Wien (d.v.). – Die ÖVP hat Sebastian Kurz schon seit langem zu ihrem Retter ausgerufen, einen Plan B gibt es nicht. Daher ist es nur logisch, dass der Außenminister nun die Partei übernimmt – darin sind sich auch die schwarzen Granden einig. Allerdings: Sebastian Kurz stellt Bedingungen, er fordert mehr Macht. Im Zentrum der internen Diskussion steht vor allem auch die Frage nach vorgezogenen Neuwahlen. Es tobt ein Poker mit vielen Spielern und Karten.
Sebastian Kurz ist bereit, heißt es. Aber nicht um jeden Preis. So stellt er einige Bedingungen, die weit in die eingefahrenen, schwarzen Parteistrukturen hineinreichen. Da geht es etwa um die Beschneidung der Macht der Bünde, aber auch der Landeshauptleute. Dem Vernehmen nach will Kurz ein Mitspracherecht bei der Bestellung der wichtigsten Akteure oder bei Entscheidungen in den Gremien. Es geht aber auch um die Themensetzung und die Öffnung der Partei für Leute von außen. Kurz hätte gern, dass auch Personen, die nicht aus der Partei kommen, kandidieren dürfen, wird berichtet.
Schon Versprechungen, aber doch ein Kampf
Ein radikaler Schnitt im schwarzen Bündesystem wird Kurz nicht gelingen, aber Zugeständnisse werden notwendig sein. „ Da wird man sich schon einigen, das sollte nicht so schwierig sein“, ist aus hohen ÖVP-Kreisen zu hören. Dennoch stellt man sich im engsten Umfeld von Sebastian Kurz noch auf einen heftigen internen Kampf ein. Eine ein- fache Übung oder sogar einstimmig werde das Ergebnis nicht werden.
Landeshauptleute lehnen Kerns Angebot ab
Viel mehr als über die Freiheiten für Sebastian Kurz wird in der ÖVP im Moment über die Frage der vorgezogenen Neuwahl diskutiert. Dass die Koalition schon lange nicht mehr funktioniert, ist kein Geheimnis und auch nichts Neues. Nun allerdings dürfte das auch bald einmal ausgesprochen werden. Die verbalen Vorboten sind – auf beiden Seiten – bereits fleißig am Werk.
Deutlich wurden am Abend auch die ÖVP- Landeshauptleute: Sie lehnen das Angebot von Kanzler Kern zur „ Reformpartnerschaft“ab. Außerdem wird von Sebastian Kerns Umfeld stark bezweifelt, beziehungs-
weise ausgeschlossen, dass der Jungstar als Nummer zwei diese Regierung am Leben erhält. Den Übergangs- Vizekanzler könnte Finanzminister Schelling oder auch Landwirtschaftsminister Rupprechter geben.
Mitmischen beim großen Poker wollen nun offenbar alle. Am Donnerstag tauchte ein ominöses Papier auf – demnach soll die Junge ÖVP bereits in Stellung gebracht werden, um den Wahlkampf zu organisieren. Außerdem ist die Rede davon, dass Kurz die komplette Bundespartei austauschen wolle. Das Außenministerium verbannt das angebliche Geheimtreffen und auch, dass irgendetwas fixiert worden sei, ins Reich der Phantasie.
Außenminister lässt sich gern umwerben
Die endgültige Entscheidung soll erst am Sonntag fallen. Für einige Schwarze zu spät, denn das lange Debattieren zeuge nicht gerade von Stärke und Entschlossenheit. Aber Sebastian Kurz gefällt sich durchaus in der Rolle des Umworbenen und des zu Bittenden.