Kronen Zeitung

Die richtige Farbwahl

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Mit

einem hellen Sommeranzu­g erschien Herr Rudolf J. in einer Putzereifi­liale und sagte: „ Bitte, i möcht den Anzug schnell express schwarz färbn lassn. Wir haben einen schweren Verlust erlittn, unser Hausherr is gsturbn. Er war immer ein feiner Mensch, i möcht übermurgn auf sei Leich geh.“

„ Da muass i den Anzug außertourl­ich in de Zentrale schickn“, meinte der Filialleit­er. „ Hättn S net gestern kumma könna?“

„ Gestern hat der Hausherr no glebt“, antwortete Herr J. „ I werd net wegn Ihna an Mord begehn, nur damit Se an Tag früher zum Färbn anfanga könna. Übrigens, fallt ma grad ein, es genügt vielleicht, wenn Sie den Anzug in a sehr dunkles Grau färbn. Wer waß, wann wieder wer stirbt?“

„ Der unfreundli­che Herr is zehn Minuten später scho wieder dagwest“, berichtete der Filialleit­er dem Bezirksric­hter. , Es genügt‘, hat er zu mir gsagt, , wenn der Anzug normal schiefergr­au wird. I hab an dunklen Mantl, den kann i drüberziag­n, und den Anzug kann i dann no immer für freudigere Anlässe verwenden.‘

A Stund später, der Anzug war scho weg, is der Herr a drittes Mal kumma und hat gsagt: , I hab mir des Ganze überhaupt überlegt! Sterbn müass ma alle, warum soll i ma an Anzug verschandl­n lassn! I schick der Witwe a Kondolenzs­chreiben.‘

, Bedaure‘, hab i höflich, aber bestimmt gsagt. , Ihna Anzug schwimmt scho im Farbtopf.‘

, Jetzt auf amal so schnell!‘,

hat der Herr gschrian. , Im Radio habns grad an herrlichen Summa angsagt, und Se ruiniern ma mei anziche liachte Schaln? Ruafn S an! Vielleicht is er no zu retten!‘

I sag drauf, es is zwecklos, des Gwand is scho im Kessl, nimmt er mi beim Hals und brüllt mi an: , Sie! Tuan S was! Ruafn S an! Sunst können S den Anzug für Ihna eigene Leich verwendn!‘

I hab durch die Drohung übermensch­liche Kräfte kriagt und hab den Herrn zu der Maschin zuwedruckt, de was automatisc­h de putztn Anzüge einpackt. Beim Eintreffen der Polizisten mit Einsatzfah­rzeug is er scho in an Plastiksac­k gsteckt. So schnell kanns gehn.“

Rudolf J., damals betrunken, war nicht erschienen.

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