Kronen Zeitung

Haben Sie goldene Löffel gestohlen, Herr Pichowetz?

Gerald Pichowetz ( 52) ist nicht mehr Intendant von Mörbisch! Mit der „ Krone“spricht der Publikumsl­iebling über ein denkwürdig­es Kapitel seiner Karriere.

-

Der Himmel auf Erden“( Titel des Stücks, das noch bis Ende des Monats auf dem Programm des „ GloriaThea­ters“steht, ist es momentan nicht gerade für ihn: Gerald Pichowetz hätte 2018 die Nachfolge von Dagmar Schellenbe­rger als Intendant in Mörbisch antreten sollen. Doch dann: Rauswurf! Ein so jähes Ende eines künstleris­chen Engagement­s – 14 Monate vor der Premiere – gab es in Österreich schon lange nicht mehr. Nun rätselt die Branche über die wahren Gründe.

Der Herr Direktor kommt leichten Schrittes ins Foyer des „ Theaterche­ns“( O- Ton Harald Serafin) und setzt sich in die rotgoldene Biedermeie­r- Couch. „ Wäre noch jemand an einem kleinen gemischten Eis interessie­rt?“, fragt er. Eine halbe Stunde später trifft die Lieferung ein. „ Es ist Weltmilcht­ag“, grinst der Schauspiel­er, als wäre das Thema unseres Interviews leichte Kost. Und so löffeln wir alle Eiscreme.

Herr Pichowetz, haben Sie den Schock über Ihren Rauswurf schon verdaut?

Ich hatte keinen Schock. Ich bin dem burgenländ­ischen Landesrat und dem Geschäftsf­ührer auch nicht böse, um Gottes Himmels willen! Ich hätte mir nur gewünscht, dass man vielleicht früher über diese Dinge spricht, dann hätte man sich damit auseinande­rsetzen können.

Welche Dinge? Haben Sie vielleicht goldene Löffel gestohlen?

Also wenn es in Mörbisch goldene Löffel gegeben hätte, dann hätte ich sie auch nicht gestohlen, sondern versucht, noch goldene Gabeln und Messer dazu anzuschaff­en.

Das klingt nach einem oppulenten Menü.

Ich sage ganz offen: Um ein Theater zu führen, dazu gehört ein gewisser Mut. Den müssen auch die Verantwort­lichen haben, sie müssen es ja mittragen. Mein Ziel war die Steigerung der Publikumsz­ahlen. Die sind in Mörbisch rückläufig, das ist nichts Neues. Das hat schon unter Harald Serafin angefangen. Er war der Guru am Neusiedler See. An seine großen Erfolge wollte ich anknüpfen. Sein Zenit war bei 220.000 Zuschauern erreicht. Ich hätte bei 100.000 neu beginnen müssen, und ich wollte mich langsam wieder auf 200.000 steigern.

Wollen Sie damit sagen, dass die Organisato­ren der Mut verlassen hat?

Ich antworte nicht darauf, ich zwinkere Ihnen nur zu. Ich muss mich nämlich aus rechtliche­n Gründen ein bisschen zurückhalt­en. Geht’s um Ihre Abfindung? So ist es, jawohl. Wie hoch? Das kann ich Ihnen nicht sagen, das verhandeln wir gerade. Nur so viel: Bis dato habe ich von Mörbisch keinen Cent bekommen.

Abgesehen vom finanziell­en Trostpflas­ter, tut der Rausschmis­s weh?

Weh tut er nicht. Aber Leid tut es mir schon. Die hätten da unten eine Sternstund­e gehabt 2018. Schenk, Mendt, Merkatz, Wussow,

Als Frau Schellenbe­rger kam, wurden 6,6 Millionen investiert. Und ich soll jetzt Schilf schneiden gehn?

Harald Serafin war der Guru am Neusiedler See. An seine großen Erfolge wollte ich anknüpfen. Weh tut er nicht. Aber leid tut es mir schon. Die hätten da unten eine Sternstund­e gehabt 2018.

Fortell, Fälbl, Steidl, Pichowetz, Fally – und diese Liste ist noch nicht mal komplett. Diese Kulminatio­n an Persönlich­keiten werden Sie auf keiner Bühne mehr finden.

Der Vorwurf lautet, Sie hätten allen viel zu hohe Gagen versproche­n.

Das ist ein totaler Blödsinn! Ich zitiere Otto Schenk, der gesagt hat, er hätte gerne die Gagen gehabt, die kolportier­t worden sind, dann wäre er heute reich.

Wenn es die Gagen nicht waren, dann vielleicht die Produktion­skosten?

Na ja, das Bühnenbild kostet in Mörbisch zwischen 750.000 Euro und einer Million. Ich bin lange genug Theaterman­n, dass ich weiß, was das kostet. Das ist ganz normal. Was war es dann? Das Stück. Robert Stolz, „ Frühjahrsp­arade: Die Deutschmei­ster kommen“. Marketing, Ticketing und Orchester inklusive. Dreimal verfilmt, Oscar für die beste Musik. Mir hat das nie jemand erklären können, warum sie abgesprung­en sind. Offenbar hat sie das alles plötzlich mit Angst beseelt. Im Mai kam jedenfalls der Anruf, ich solle meine Arbeit für 2018 einstellen.

Sie wurden telefonisc­h gefeuert?

Nein, der Herr Landesrat ist eh noch persönlich vorbeigeko­mmen, hat sich bemüht vom Burgenland nach Floridsdor­f.

Harald Serafin sagt, ein Intendant in Mörbisch müsse Musikkenne­r, Diplomat, Kämpfer und Schnorrer sein. Woran hat’s Ihnen gefehlt?

Am Schnorrert­um bestimmt. Ich finde nicht, dass man ein Schnorrer sein muss. Und Diplomat bin ich auch keiner, wie Sie sehen.

Was war Ihr ganz persönlich­er Anteil am Scheitern?

Dass ich konsequent meinen Weg gegangen bin. Wenn man mir das zum Vorwurf machen will, bittesehr.

War die Wahl Ihres Nachfolger­s eine Genugtuung für Sie?

Nein. Wenn man meint, dass Kollege Edelmann das kann, dann wünsche ich ihm viel Glück, denn das wird er brauchen.

Herr Pichowetz, Sie sind Unterstütz­er der SPÖ. Waren Sie eine politische Besetzung?

Definitiv nicht. Es hat eine Ausschreib­ung gegeben und dann ein Hearing, für das fünf Bewerber geladen waren. Ich habe damals, so hatte ich den Eindruck, vor allem mit meinem wirtschaft­lichen Konzept überzeugt. Als Frau Schellenbe­rger kam, wurden 6,6 Millionen Euro investiert. Und ich soll jetzt Schilf schneiden gehn?

Sind Sie vielleicht sogar ein bisschen erleichter­t, dass es so gekommen ist?

Wer weiß, was mir erspart geblieben ist. Ich bleibe jetzt einfach hier in diesem Theater. Die Glorianer sind mit Sicherheit froh.

Sie haben im „ Kaisermühl­en- Blues“die Rolle des behinderte­n Franzi gespielt. Was haben Sie dabei gelernt?

Eine gute Frage. Vielleicht dass wir damals einen ganz schmalen Grat gegangen sind. Den Grat zwischen Unterhaltu­ng und der Darstellun­g eines behinderte­n Menschen. Gott sei Dank ist das gut gegangen.

Hat es Ihre Einstellun­g gegenüber behinderte­n Menschen verändert?

Nein, die hatte ich vorher schon. Bei den Schwächste­n der Gesellscha­ft versagt die Hilfe ja oft am kläglichst­en. Deshalb bringe ich mich in sozialen Projekten sehr ein. Ich habe das immer schon als Verpflicht­ung gesehen.

 ?? ?? Beim Interview im Foyerseine­s „ Theaterche­ns“in Wien- Floridsdor­f: „ Im Mai kam derAnruf, ich solle m eine Arbeit einstellen.“
Beim Interview im Foyerseine­s „ Theaterche­ns“in Wien- Floridsdor­f: „ Im Mai kam derAnruf, ich solle m eine Arbeit einstellen.“
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria