„ Türen nicht öffnen, auch wenn sie sterben!“
Abhörprotokolle der ungarischen Polizei belegen unfassbare Kaltschnäuzigkeit des grinsenden Hauptangeklagten:
Staatsanwalt Gabor Schmidt blendet dann in das Frühjahr 2015 zurück. Damals waren die Grenzen noch geschlossen, der Strom der Flüchtlinge – vor allem aus Syrien – schwoll stetig an. Es klingt zynisch, aber den Schleppern gingen fast die Fahrzeuge aus.
Jene Bande, mit dem Afghanen Samsooryamal Lahoo an der Spitze , hatte in Ungarn ihren Sitz. Lahoo war im Jahr 2013 nach Budapest gekommen – als Flüchtling. Der Schutzstatus wurde ihm zuerkannt, den er ausnutzte, um seine kriminellen Geschäfte abzuwickeln. Die Vorgangsweise war immer gleich: Die Flüchtlinge wurden über die Balkan- Route aus der Türkei über Griechenland nach Serbien gebracht. Komplizen, von denen nur der Spitzname „ Amin“und „ Kairo“bekannt ist, sorgten für den illegalen Grenzübertritt. In einem Wald bei Szeged war Treffpunkt.
Hier warteten die Schlepper um Lahoo mit Transportfahrzeugen unterschiedlichster Bauart. Zuerst waren es normale Kastenwagen, einmal auch ein Lastwagen, dessen Laderaum mit einer Plane bedeckt war.
Transport endete im totalen Chaos
Auf diesem versuchten die Schlepper nicht weniger als 95 Flüchtlinge nach Deutschland zu bringen. Doch die Planen wurden aufgeschnitten, der Transport endete im Chaos.
Um Derartiges in Zukunft zu verhindern, wurde bei einem Gebrauchtwagenhändler in Kecskemet um umgerechnet 7000 Euro jener Volvo-Kühlwagen gekauft, der für die Flüchtlinge zur tödlichen Falle werden sollte. Am 26. August kurz vor
fünf Uhr rüh begann für die 59 Männer, acht Frauen und vier Kinder die Fahrt. Wie Abhörprotokolle der Polizei belegen, waren schon nach 40 Minuten für den Fahrer, den Bulgaren Stoyanov Ivaylo ( 26), Klopfgeräusche zu hören.
Die Flüchtlinge riefen um Hilfe. Ivaylo meldete dies den Komplizen in den Begleitfahrzeugen. Und bat, die Türen öffnen zu dürfen. Doch Samsooryamal Lahoo verbat dies ausdrücklich mit hysterischem Gekreische: „ Türen nicht öffen, auch wenn sie sterben sollten.“Zusatz: „ Und wenn alle tot sind, leg sie in einem Wald in Deutschland ab.“
Wie Gerichtsmediziner später feststellten, dürfte für die meisten der Todeskampf zwei Stunden gedauert und etwa in der Nähe von Budapest zu Ende gewesen sein. Die stärksten Männer lebten drei Stunden bis kurz vor der Grenze. Deshalb fasst der Staatsanwalt zusammen: „ Es war für die Opfer ein grausamer, qualvoller und langsamer Tod.“
Fortsetzung heute, Donnerstag mit ersten Einvernahmen.