Sebastian I.
Politische Kronprinzen erreichen selten den Zenit der Macht. Österreichs bekanntester Fall ist Hannes Androsch, der bis Ende der 1970er- Jahre als Kreiskys Kronprinz galt.
Oder die Geschichte von Wolfgang Sobotka, der einige Jahre glaubte, Erwin Prölls Kronprinz zu sein.
Ähnlich gelagert der Fall von Oberösterreichs FPÖChef Manfred Haimbuchner, der sich für den Kronprinzen von Heinz- Christian Strache halten soll.
Und endlos ist mittlerweile die Liste zermürbter Kronprinzen und Kronprinzessinnen des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl, der vielleicht noch länger auf dem Rathaus- Thron sitzen bleibt, als viele glauben.
Daher wischen als Kronprinzen gehandelte Nachwuchshoffnungen entsprechende Nachfragen vorsichtshalber mit der schwachen Pointe „ Kronprinz ist eine Apfelsorte“vom Tisch.
Alles andere als eine Apfelsorte ist die Marke Kurz. Der 30- Jährige hat seinen Durchmarsch an die Spitze der ÖVP vom belächelten Jungstar zum bewunderten Frontmann mit kaltblütiger Konsequenz durchgezogen. Seit gestern ist der Kronprinz König der ÖVP.
Ironisch ist in seiner Partei von der Selbstkrönung des Sebastian I. die Rede. Freilich nur im Flüsterton, weil auf offene Respektlosigkeiten reagiert der neue ÖVP- Chef durchaus empfindlich und mit entsprechender Härte.
Doch bei allem Verständnis für die Euphorie in der oft gedemütigten ÖVP: Sebastian Kurz ist vorerst nur ein irdischer Parteichef und noch nicht Bundeskanzler – und schon gar nicht König von Österreich.