Funktionäre oder Wähler
Zu Justin Timberlakes Hit „ Can’t stop the feeling“zog Bundeskanzler Christian Kern, begleitet von seiner Ehefrau und den roten Ministern, in den Saal des Parteirates ein. Doch so richtig wollte sich das Gefühl da noch nicht einstellen, der Applaus eher verhalten, die Stimmung gedämpft. Deutlich war das Chaos der vergangenen Tage und die bisher komplett daneben gegangene Wahlkampagne zu spüren.
Entsprechend nervös begann der Kanzler seine Rede, doch nach einiger Zeit hatte er sich gefangen und spätestens ab einem Witzchen über Umfragen und Horoskope, an die er nicht glaube, hatte er das Publikum im Griff. Sichtlich erleichtert ließ sich Kern von den Delegierten feiern. Mission erfüllt – die eigenen Reihen wieder auf Schiene gebracht und motiviert.
Dem sonst so distinguierten Bundeskanzler gelang dies mit einer ungewohnt kämpferischen, teils aggressiven Ansprache. Und mit durch und durch klassenkämpferischen Tönen. Kein Wort über die Flüchtlingskrise – darüber würden, so der Kanzler, ohnehin die anderen die ganze Zeit reden.
Bei den Funktionären in der Messe Wien ist das ausgesprochen gut angekommen. Wie der Klassenkampf jedoch außerhalb der roten Kreise an den Wähler gebracht werden kann, ist die große Herausforderung für das SPÖ- Wahlkampfteam. Das und die noch lange nicht beendeten Streitereien sowie die vielen selbst ernannten Einflüsterer im Zaum zu halten.