Mehr Omelett als Mensch
Eigentlich sind es ja die Engländer, die das Wetter zur höchsten Gesprächskultur erhoben haben. Fällt ihnen beim Smalltalk so gar nichts mehr ein, lässt es sich doch immer noch vortrefflich über den britischen Nieselregen parlieren. Doch zurzeit machen wir den Inselbewohnern Konkurrenz. Denn egal, wie sehr die Menschen politisch gespalten sein mögen, in einem sind sie sich in jedem Gespräch einig: Heiß ist ´ s.
Vor allem der Osten Österreichs gart seit Tagen am Siedepunkt. Durch die aufgeheizten Wiener Betonschluchten weht jede Brise wie frisch aus dem Föhn geblasen. Friedrich Nietzsche schrieb einst an einen Bekannten ins sonnige Venedig: „ Lieber Freund! Welch ein Sommer! Ich denke Sie mir im Zimmer sitzend, mehr Omelette als Mensch.“Genauso fühlt er sich an, dieser Sommer, der zwar noch nicht der heißeste der Messgeschichte, aber auf dem besten Weg dorthin ist.
Wie mag er sich erst anfühlen für die armen Bauarbeiter, die nicht hitzefrei bekommen und in der sengenden Sonne Schwerstarbeit leisten müssen? Wie für Patienten, die in den vielen unklimatisierten Krankenhäusern leiden? Wie für die Landwirte, die um ihre Ernte zittern? Für viele ist dieser Sommer nicht einfach nur heiß, er wird zur Bewährungsprobe. Eine, an die wir uns wohl in Zeiten des Klimwandels gewöhnen müssen.
Ein bisschen über den Regen parlieren, das wäre zur Abwechslung auch wieder einmal ganz fein. Irgendwann ist schließlich jedes Omelett durch.