Starke Frauen im Jagdfieber
Mit einer ordentlichen Portion schwarzen Humors wandert die deutsche Erfolgsautorin Ingrid Noll zurück in die Enge der 50er- Jahre
Sie war schon 56, als sie ihren ersten Roman veröffentlichte. 25 Jahre später ist die literarische Spätzünderin Deutschlands KrimiQueen Nummer eins. Ingrid Nolls spannende Geschichte um meist ziemlich toughe und mordlustige Frauen schnellen stets im Rekordtempo an die Spitze der Buchcharts, ihre Romane wurden in 27 Sprachen übersetzt.
Jetzt, kurz vor ihrem 82. Geburtstag, ist Nolls neues Buch „ Halali“erschienen, in dem sie eigene Erinnerungen an die Ju- gend mit einer fesselnden Agenten- Geschichte verwebt. Ihre Kindheit verbrachte Ingrid Noll als Tochter deutscher Exilanten in China, 1949 floh die Familie zurück nach Deutschland. In Bonn arbeitete sie in den 50er- Jahren als Sekretärin im Bundesinnenministerium. Und genau in diese Zeit entführt sie nun ihre Leser. Zwei Generationen treffen aufeinander. Die Ich- Erzählerin Holda und ihre flippige Enkelin, mit der sie die Erinnerungen an ungewöhnliche Jugendtage teilt. Wie Noll arbeiteten auch Holda und ihre Freundin im Bundesministerium – und hofften dort, erfolgreich Jagd auf einen wenn möglich liquiden Ehemann zu machen. Stattdessen geht ihnen ein Spion in die Fänge. Und plötzlich stecken sie mittendrin in einer Agentengeschichte des Kalten Krieges.
Doch der mörderische Plot spielt diesmal fast nur eine Nebenrolle – im Mittelpunkt stehen die 50er- Jahre selbst. Diese Zeit, in der sich die jungen Leute bei Eierlikör zu einer Party trafen, Toast Hawaii als kulinarische Entdeckung feierten, ledige Frauen keinen Männerbesuch in ihren Mietzim-
mern empfangen durften, Hosen nur an sehr kalten Wintertagen trugen und es nur hin und wieder wagten, den gesellschaftlichen Konventionen zu entfliehen.
An diese Zeit kann sich Ingrid Noll noch gut erinnern, autobiographisch ist der Roman aber natürlich nicht, wie sie versichert. Ihre Jugend in Deutschland verlief ohne mörderische Zwischenfälle.