Recht und Gerechtigkeit
Die Diskussion, die Sebastian Kurz nun im Wahlkampf angezettelt hat, ist ebenso wenig neu wie die Forderung, die er aufstellt. Allein: Es hat sich bisher nicht viel getan, und die Debatte ist aktueller denn je.
Wer etwa hat heuer Ende Mai nicht an unserem Justizsystem und der Rechtssprechung gezweifelt? Als der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen einen 21jährigen irakischen Asylwerber, der einen zehnjährigen Buben in einem Hallenbad vergewaltigt hatte, von sieben auf vier Jahre herabgesetzt hatte. Man dürfe das Augenmaß nicht verlieren, lautete die Begründung des Gerichts. Viel zynischer geht es nicht mehr. So, als wäre der Missbrauch eines Kindes ein Kavaliersdelikt, bei dem man schon einmal ein Auge zudrücken könne. Ganz abgesehen von dem Signal, das da an alle potenziellen Täter ausgesandt wird.
Und wo bleibt das Augenmaß oder die Relation, wenn ein Serienvergewaltiger fünf Jahre Haft ausfasst, ein Mann für schwere Körperverletzung an drei Frauen 18 Monate bekommt, davon sechs unbedingt und Vermögensdelikte oft weit strenger geahndet werden? Nein, Mitleid muss man mit Verurteilten wie etwa Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden – drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt wegen Beihilfe zur Untreue – oder ExBAWAG- Chef Helmut Elsner – neuneinhalb Jahre ohne Bewährung wegen Untreue und Betrug – nicht haben. Aber die Relation stimmt ganz eindeutig nicht. So hat Recht nichts mit Gerechtigkeit zu tun.