„ Er lebte wie ein einsamer Wolf“
„ Bloß nachts wurde er aktiv“, berichtet Olga, „ in der Regel verließ er gegen 22 Uhr sein Appartement und kam oft erst weit nach Mitternacht wieder zurück.“
Ging spazieren, fuhr – wie die Ermittler mittlerweile wissen – mit Taxis in weit entfernte Gebiete. Um dort kurz eines seiner zahlreichen Pre-Paid- Handys einzuschalten – und ein paar Minuten zu telefonieren. Vor allem mit seiner Mutter.
„ Nach der Verhaftung schämte er sich vor mir“
Dass „ der Ausländer“etwas zu verbergen haben könnte, dass er von der Polizei gesucht wird – davon ahnte im Block 10 an der Prospekt Gongadse niemand etwas. „ Einer der beiden Männer, die ihn regelmäßig besuchten, erzählte mir vor drei Wochen in gebrochenem Russisch, dass sie alle IT- Spezialisten wären“, sagt Dmytro, 43, ein Mieter aus dem achten Stock: „ Es gab für mich keinen Grund, an diesen Angaben zu zweifeln.“Denn auch Seisenbachers angebliche „ Berufskollegen“trugen stets saubere Hemden.
Und als am vergangenen Dienstag, um die Mittagszeit, in brütender Hitze, „ dieser irre Aufruhr“in dem Haus war; schwer bewaffnete Polizisten das Appartement Nummer 4 in Block 10 stürmten und „ den Ausländer“verhafteten, „ dachten wir alle, dass er zu der Hacker- Gruppe gehört, die im Juni die Computersysteme der ukrainischen Regierung lahmgelegt hatte.“
Türnachbarin Olga kam gerade vom Einkaufen heim, als ihr Lieblingsnachbar in Handschellen abgeführt wurde: „ Ich begegnete ihm auf dem Stiegenaufgang zu unserem Eingangstor. Diesmal sah er mich nicht an. Sondern er schaute mit starrem Blick zu Boden. Ich glaube, er hat sich vor mir geschämt.“