„ Im Fluss der Zeit“
St. Pölten: Neues Haus der Geschichte
Niederösterreich hat in Sachen „ Haus der Geschichte“die Nase vorne. In St. Pölten wird am Samstag die erste Institution dieser Art in Österreich eröffnet. Das Publikum darf ab Sonntag hinein. Die „ Krone“warf einen Blick ins neue Museum, das Geschichte lebendig vermitteln, zum Diskutieren und Nachdenken anregen will.
„ Die Zeit ist offen, die Geschichte ist offen“, sagt der Historiker Stefan Karner. Er ist wissenschaftlicher Leiter des neuen Hauses der Geschichte, das Teil des Niederösterreich Museum ist. 2000 Objekte auf 3000 Quadratmeter, eine Dauer- und eine Sonderausstellung bereiten Geschichte publikumswirksam auf. Offen, indem die Exponate immer wieder getauscht werden. Offen auch, weil sich so eine Präsentation ständig ändert, mit der Zeit gehen soll.
Sie ist nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet. Als stark designter Erlebnisparcours präsentiert sich das Erdgeschoss. Die Shedhalle hinter dem Festspielhaus wurde um 3 Millionen Euro aus Landesmitteln adaptiert, barrierefrei gemacht, umgestaltet. Die Ausstellungsarchitektur ist dominantes, etwas aufdringliches Element. Leuchtschriften zeigen Kapitel: Es beginnt „ Im Fluss der Zeit“, in dem auch „ Geschichte“steht, denn unsere Perspektive darauf ändert sich.
So wäre vor ein paar Jahren ein Kapitel kaum „ Flucht und Wanderung“gewidmet worden. Bei „ Selbstbilder – Fremdbilder“stößt man auf Urlaubsidyllen wie die Wachau in Plakaten von der NSPropaganda zur heilen Nachkriegswelt. Was im Erdgeschoß in seiner Fülle, nicht immer logisch zwingend, ein buntes Allerlei ergibt, verdichtet sich im Obergeschoß, wo nach der Wirtschaftsgeschichte Niederösterreichs, die Nazizeit eindringlich klar aufbereitet ist.
Unterm Glassturz wartet ein Volksempfänger. Gänsehaut zieht einem vor einer mit roten Punkten übersäten Karte der Konzentrationslager auf. Es geht zu Staatsvertrag und Wirtschaftsaufschwung, bis hinauf zum Bau des Regierungsviertels in der Landeshauptstadt.
Eine aufwändig gestaltete, sehr gut befüllte Präsentation. Wie wird sie lebendig bleiben? Eine Sonderpräsentation beschäftigt sich mit der Zeit zwischen den Weltkriegen: „ Die umkämpfte Republik: Österreich 1918– 1938“glänzt in ihrer gestalterisch ein wenig verstaubt aufbereiteten Überfülle, darunter auch das diskutierte Dollfuß- Porträt als Dauerleihgabe aus dem ÖVP- Parlamentsclub.