Grazer Mutinjektion für die Kern- Fans
Die One- Man- Show des Bundeskanzlers beim österreichweiten Wahlkampfauftakt „ Sonnenkönig“Kreisky als Vorbild und Schwarz- Blau als großes Schreckgespenst
Die Partei müsse „ rennen und brennen“, dann hätte die SPÖ Chancen auf Platz 1 bei der Nationalratswahl, versuchte Christian Kern seine Fans in Graz einzupeitschen. In Oberösterreich zeichnet eine repräsentative Umfrage vor allem für die ÖVP ein positives Bild.
Geplant, getan, durchgezogen. Als One- ManShow angelegt, zelebrierte Kanzler Christian Kern beim Wahlauftakt der Sozialdemokratie einen fulminanten Auftritt! Um eine Plattitüde zu bemühen: Die Grazer Stadthalle stand Kopf, etwa 3000 SPler dankten mit Standing Ovations, rot geklatschten Händen, Bravo- Rufen. Der Kanzler hat ihnen den Glauben zurückgegeben: Wenn sie „ rennen und brennen“, dann sei Platz 1 möglich. Diesmal gehe es „ wirklich ums Ganze“.
Sogar ein Urgestein der Alt- VP hat herhalten müssen bei der gestoppt 62 Minuten dauernden Kanzlerrede: Staatsvertrags- Kanzler Leopold Figls „ Glaubt an dieses Österreich!“– Kern’scher Zusatz: „ Und glaubt an seine Zukunft . . .“
Das war aber schon gegen Ende der emotionalen, mit kräftigen Watschn für den Mitbewerb gewürzten verba- len Kür. Beispiele: Heute herrsche „ bei den anderen“derselbe Hochmut wie einst bei Wolfgang Schüssel & Co. „ Milch und Honig“habe diese VP-FP- Regierung versprochen, dann alles gebrochen und einen Scherbenhaufen hinterlassen. Jubel! Und im Stakkato: Die Großspender würden das Geschäft ihres Lebens ma- chen. „ Man spendet ein paar Millionen und kriegt ein paar Milliarden als Steuererleichterung zurück.“
Und der Kanzler versteht sich auch auf die tiefe Schublade: „ Bevor die FPÖ den kleinen Mann wirklich vertritt, stimmt Mick Jagger in Spielberg den ErzherzogJohann- Jodler an.“Oder: Er habe sich das Wirtschaftsprogramm seines Mitbewerbers Sebastian Kurz reingezogen. „ Wenn das ein Wirtschaftsprogramm ist, dann sind Jerry-Cotton- Heftln Weltliteratur . . .“
Ganz tief der Griff in die Kiste der SP- Partei- Historie: die Lichtgestalt Bruno Kreisky, dessen Bildungspolitik mit Gratis- Schulbuch, dessen fortschrittliche Frauenpolitik, Meilensteine des letzten Jahrhunderts – das tat den roten Seelen sichtlich gut. Frenetischer Jubel! Auch für Franz Vranitzky, der Österreich in die EU geführt habe, gab’s Lob und Hudel. Die anderen „ roten Kanzler“Alfred Gusenbauer, Viktor Klima blieben ausgespart . . .
Der Gegenkandidat, Sebastian Kurz, kommt bewusst namentlich nicht vor, wird nicht erwähnt, obwohl er ständig präsent ist. Sei’s, wenn’s ums „ Anpatzen“geht, ums „ Fertigmachen“oder Hineintunken.
Selbst den sehr umstritte-
nen Slogan „ Hol dir, was dir zusteht“dichtete der SP„ 1er“um. Nicht Klassenkampf sei damit gemeint, sondern Solidarität.
Kampflächeln: „ Die VP wird schon nervös“
Christian Kern hat motiviert, Mut gegeben; man wird sehen, ob die Funktionäre nach dieser verbalen Mutinjektion wirklich „ rennen und brennen . . .“
Die Genossen ( auffällig die für eine SP- Veranstaltung hohe Jugenddichte) strahlten vor und nach der Kern- Rede demonstrativ Zuversicht aus – da wurde regelrecht „ kampfgelächelt“. „ Wir schaffen das sicher noch, man sieht, dass die Schwarzen nervös werden“, hörte man immer wieder. Einige freilich äußerten auch leise Zweifel: „ Wenn Kurz keine schweren Fehler macht, wird es schwer.“