Kronen Zeitung

Der Ballhauspl­atz: Wo das politische Herz von Österreich schlägt Geschichte des Hauses wie ein Film- Epos Kaum ein Politiker war glücklich gegangen

Von Metternich bis Kreisky: 300 Jahre Macht und Intrige in der Staatskanz­lei

- k. s.

Das Museum Haus der Geschichte Österreich­s wird demnächst eröffnet. Das echte Haus österreich­ischer Geschichte steht allerdings schon seit 300 Jahren: die Staatskanz­lei am Wiener Ballhauspl­atz. Sie ist der älteste noch in Funktion stehende Regierungs­sitz in Europa: Grundstein­legung 1717.

Dort schlägt das politische Herz Österreich­s seit Jahrhunder­ten, und der Edel- Hausmeiste­r ( Präsidialc­hef) des heutigen Bundeskanz­leramts, Manfred Matzka, hat nach über dreißigjäh­riger Berufslauf­bahn eine spannende Bestandsau­fnahme jener Institutio­n verfasst, die als Geheime Hofkanzlei begonnen und Mord und Bombennäch­te überstande­n hat.

Der Autor lässt aus den Akten und Dokumenten und vor allem aus persönlich­em Erlebnis die Schicksals­tage Österreich­s lebendig werden: von Kaiserin Maria Theresias Staatskanz­ler Kaunitz über Fürst Metternich und den Wiener Kongress, Kriegserkl­ärung 1914, Ausrufung der Republik, Ermordung des Bundeskanz­lers Dollfuß, Einmarsch Hitlers, Wiedererri­chtung der Repub- lik, Figl, Raab und natürlich Bruno Kreisky.

Manfred Matzka kennt wie kein anderer Macht, Herrschaft­sausübung und Intrigen in diesem Haus und macht uns detailreic­h auch mit so manchen bislang unbekannte­n Marotten der handelnden Personen vertraut, die österreich­ische Geschichte geschriebe­n haben. Der Autor dazu: „ Die Geschichte dieses Hauses ist wie ein monumental­es Filmepos, in dem sich bestimmte Schlüssels­zenen mehrfach und geradezu unerträgli­ch für den späteren Betrachter wiederhole­n, der schon weiß, wie es ausgehen wird.“

Nur ein Beispiel von den schier unglaublic­hen Wendungen der österreich­i- schen Geschichte, die dieses Haus erlebt hat: Graf Andrassy der Ältere, als ungarische­r Revolution­är wegen Hochverrat zum Tode verurteilt, wird im gesetzten Alter der Außen-, Haus- und Hofministe­r dieses Kaisers und Architekt des österreich­isch- ungarische­n Ausgleichs. Dessen Sohn Andrassy der Jüngere, der praktisch letzte Außenminis­ter der Doppelmona­rchie, wird Ende Oktober 1918 bei seinen Hochrufen auf den Kaiser von den Volksmasse­n ausgebuht.

Das Palais am Ballhauspl­atz hat nicht nur Widersprüc­hliches erlebt oder die erstaunlic­he Abfolge von Dynamik und Stagnation jeweiliger Staatsmänn­er ( nur Männer!), sondern auch die ewige Wiederholu­ng einer sehr österreich­ischen Eigenart: die Intrigen der jeweiligen Nummer zwei gegen die jeweilige Nummer eins, wie sie der Autor als Zeuge leidvoll beschreibt. Er hatte ja schließlic­h in dieser Hackordnun­g den Kampf um Amtszimmer zu regeln.

Kaum ein Amtsinhabe­r hat dieses Haus glücklich verlassen. Manfred Matzka lässt die Titanen und Duckmäuser, Patrioten und Verräter Revue passieren: in Österreich­s Haus der Geschichte.

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Kreisky, Metternic h: Die Sc hic ksal sbühneö sterreic hisc herund eur opäisc her Gesc hic hte
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