Die Stunde der Wahrheit für Macron...
... und was auch Kurz bevorsteht
Das französische System beschützt sehr gut die Arbeitsplatzbesitzer, aber zum Preis des Ausschlusses anderer, der Jungen.
Emmanuel Macron
Kommenden Dienstag, den 12. September beginnt für den neuen französischen Präsidenten mit einem angesagten Massenprotest- Tag der „ heiße Herbst“.
Es ist die Stunde der Wahrheit, wenn der Wahlsieger auch die weniger populären Wahlkampfankündigungen in die Tat umsetzen muss. Das stünde auch einem Sebastian Kurz bevor.
Bei Macron ist es die unpopuläre Arbeitsmarktreform. Der Einsatz ist hoch – sehr hoch.
„ Man muss den Dingen ins Auge sehen“, mahnt er im Magazin „ Le Point“. „ Wir sind die einzige große Volkswirtschaft in der Europäischen Union, die die Massenarbeitslosigkeit seit mehr als drei Jahrzehnten nicht besiegt hat.“
Widerstand gegen „ Sozialabbau“?
Das erste wirtschaftspolitische Vorhaben muss glatt laufen – sonst geriete die ganze ehrgeizige Reformagenda, mit der Macron der französischen Wirtschaft neuen Schwung verleihen will, schon wenige Monate nach dem Einzug in den Élyséepalast ins Wanken.
Die extreme Linke beklagt bereits einen „ Angriff auf die Rechte der Arbeiter“. Das von französischen Wirtschaftsvertretern häufig als starr kritisierte französische
Arbeitsrecht soll nach den Plänen von Macron flexibler gestaltet werden. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollen sich so besser an ihre jeweilige Situation anpassen können.
Entmachtung der Gewerkschaften?
Diese Arbeitsmarktreform stärkt die Rolle von Branchen- und Betriebsvereinbarungen: Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen Details der Arbeitsbedingungen, wie etwa Prämien, häufiger direkt miteinander aushandeln können. In kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern können die Gewerkschaften dabei außen vor bleiben. Die- se Entmachtung der ( militanten) Gewerkschaften ist ein klarer Kurswechsel.
Die Reform lockert teilweise den Kündigungsschutz. Entschädigungen für ungerechtfertigte Kündigungen werden gedeckelt: Ein Arbeitsgericht kann einem Mitarbeiter, der zehn Jahre bei einer Firma tätig war, dann höchstens zehn Monatsgehälter zusprechen. Bislang gibt es in der Rechtssprechung große Unterschiede. Im Gegenzug steigen die Abfindungen bei rechtmäßigen Kündigungen.
Frankreich leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit, sie lag nach Angaben von Eurostat zuletzt bei 9,8 Prozent. Unter den jungen Leuten suchen sogar 23,4 Prozent einen Job. „ Das französische System beschützt die Arbeitsplatzbesitzer sehr gut, aber zum Preis des Ausschlusses anderer, der Jungen“, argumentiert Macron.
Die französischen Unternehmen stellten vor allem deshalb keine neuen Mitarbeiter an, weil sie Angst haben, sich dann nicht mehr oder nur sehr kostspielig, von ihnen trennen zu können. Darunter leidet letztlich die Dynamik der französischen Wirtschaft, und die Zahl arbeitsloser Jugendlicher wird immer größer.
Innenminister bestellte 22 Tonnen Tränengas
Nach dem Aufmarsch der größten und deutlich linken Gewerkschaft CGT am 12. September will am 23. September die Partei „ Unbeug- sames Frankreich“des Linkspopulisten Jean- Luc Mélenchon ihrerseits auf die Straße gehen. Die Regierung befürchtet, dass sich die Demonstranten radikalisieren könnten. Innenminister Gérard Collomb hat bei Herstellern unlängst 22 Tonnen Tränengas bestellt. Für einen „ heißen Herbst“auf dem Pariser Pflaster ist allemal gesorgt.
Das ist ein Angriff auf die Rechte der Arbeiter.
Linkspopulist Jean- Luc Mélenchon im Aufruf zum heißen Herbst gegen Macron