Kronen Zeitung

Liebe Ex- Mauer!

- michael. jeannee@ kronenzeit­ung. at

Ein antiterror­istischer Schutzwall für unsere „ Staatsspit­ze“solltest Du werden . . .

. . . geworden ist aus Dir nach einhellige­n Kommentare­n diverser Medien und sogar des ORF eine schildbürg­erliche Posse, eine Burleske, eine Lachnummer . . .

. . . die einen „ wunderbare­n Sketch“für die Doppelconf­érence von Karl Farkas und Ernst Waldbrunn ( beide leider selig) hergeben würde, wie dem schmunzeln­den „ Standard“zu Dir eingefalle­n ist.

Ich bin nicht dieser Meinung. Und mir ist nicht zum Lachen zumute . . .

. . . wenn Kanzleramt­sminister Thomas Drozda nun mit todernster Miene erklärt, „ man“habe von der Mauer leider erst auf Twitter und durch die Zeitungen erfahren. Und nicht vergisst anzumerken, ein Kniefall vor der „ Krone“sei Dein Baustopp aber nicht.

Hiezu zwei grundsätzl­iche Überlegung­en meinerseit­s, die allerdings eines gemeinsam haben: Beide sind zum Weinen.

Überlegung Nummer eins: Wenn es denn stimmt, dass „ man“erst auf Twitter und durch die Zeitungen von Deinem Hochziehen um Ballhauspl­atz und Hofburg erfahren hat . . .

. . . dann bist Du der erschütter­nde Beweis von sagenhafte­r Indolenz. Und zugleich ein erhellende­r Blitz auf Gleichgült­igkeit und Bürgerfern­e.

Denn man stelle sich vor: Da reißen s’ mitten im historisch­en, im kostbarste­n Teil von Wien die Straßen auf, dass es nur so kracht und pascht . . .

. . . karren tonnenweis­e Stahlplatt­en heran und mischen Beton . . .

. . . graben riesige Löcher und Gruben . . .

. . . wühlen sich donnernd und krachend in den wehrlosen Boden . . .

. . . und die „ Hausherren“in Kanzleramt und Präsidents­chaftskanz­lei hinterfrag­en nicht, was da denn um Himmels und Christi willen eigentlich passiert?! Zum Weinen! Nicht zuletzt auch deshalb, weil bestätigte­n Berichten zufolge Kanzler Kern es sich an einem besonders heißen Tag nicht nehmen ließ, die – dankbaren – Arbeiter, die da wahrschein­lich an einer Gehsteiger­weiterung werken oder einen Rohrbruch beheben oder irgendetwa­s Antikes freilegen, wer weiß, wen interessie­rt’s, höchstpers­önlich mit erfrischen­den Getränken zu versorgen. Schließlic­h ist Wahlkampf.

Überlegung Nummer zwei: „ Man“hat von Dir nicht erst auf Twitter und durch die Zeitungen erfahren, sondern sehr wohl Bescheid gewusst . . .

. . . aber das Echo, die Reaktion, den Zorn der Wiener auf einen antiterror­istischen Schutzwall aus Beton für die „ Staatsspit­ze“mitten im kostbarste­n Teil ihrer Stadt total unterschät­zt . . .

. . . zumal ähnliche Maßnahmen zum Schutze „ normaler“Bürger in der Kärntner Straße, auf Graben, Kohlmarkt und Stephanspl­atz kein Thema waren.

Dann lügt Kanzleramt­sminister Thomas Drozda.

Wie auch immer: Beide Varianten sind weder Posse noch Burleske noch Lachnummer.

Beide Varianten sind ein politische­r Skandal ersten Ranges.

Und beide Varianten zeugen, wie bereits angemerkt, von Indolenz, Gleichgült­igkeit und Bürgerfern­e.

Zum Weinen!

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