Wer fürchtet sich vorm starken Euro?
Höherer Kurs im Vergleich zum US- Dollar verbilligt Import von Öl und Rohstoffen, belastet aber Exporte und vor allem Sparer
Der Euro hat viele Experten auf dem falschen Fuß erwischt: Noch vor ein paar Monaten erwarteten sie, dass sein Wert auf nur noch einen USDollar sinken werde. Ein 14Jahres- Tief bei 1,03 Dollar war schon erreicht. Präsident Trumps Ankündigungen gewaltiger Investitionen sowie die bereits steigenden Zinsen in den USA hätten den Dollar noch weiter stärken müssen, so ihre Theorie.
Doch statt weicher wurde unsere Währung härter! Seit Jänner legte der Kurs um etwa 15% zu, ab Einführung des Euro 1999 sind es nach vielen Schwankungen unterm Strich sogar 20% ( Grafik ganz rechts).
Das weckt Ängste, sind die USA doch nach Deutschland Österreichs zweitgrößter Exportmarkt. Vorsichtige Entwarnung gibt dazu Wifo- Vizechef Marcus Scheiblecker: „ Wir hatten historisch schon Eurokurse zwischen 0,84 und 1,60 Dollar, und das war weniger bedeutend für den Handel als die wirtschaftliche Nachfrage. Die ist in den USA noch immer gut, da nehmen sie auch einen etwas höheren Preis für einen Mercedes in Kauf.“Allerdings sei die Konjunktur dort schon am Höhepunkt, während die EU erst richtig in Schwung kommt ( Grafik unten).
Ein klares Plus bringt uns der stärkere Euro jedenfalls beim Einkauf von Öl, Erdgas und anderen Rohstoffen, die auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt werden. Wir müssen also weniger Euro für ein Fass Öl hinblättern, bei Österreichs Energieimporten ( im Vorjahr 9 Mrd. €) kommt da eine spürbare Entlastung zusammen.
Die Zeche zahlen allerdings die Sparer. Marcus Scheiblecker: „ Die Zinsen dürften nun in der EU länger bei null bleiben, als man das aufgrund der starken Konjunkturerholung zuletzt erwartet hat.“
Kehrseite der billigeren Rohstoffe ist nämlich, dass dadurch das ohnehin verfehlte Ziel der EU- Zentralbank EZB von 2% Inflation noch unerreichbarer wird. „ Im August dürfte sie nur 1,5% betragen haben, daher kann EZB- Chef Draghi die Geldpolitik wieder nicht straffen“, analysiert der WifoExperte. Das heißt, die Nullzinsen für Anleger und das gewaltige AnleihenKaufprogramm ( 60 Mrd. € im Monat) laufen vorerst weiter.
„ Und je länger das Inflationsziel nicht erreicht wird, desto expansiver müsste die EZB sogar werden, weil sie immer unglaubwürdiger wird. Viele fragen sich, was tun diese hochbezahlten Leute dort“, warnt Scheiblecker vor dem Problem, dass das irgendwann notwendige kontrollierte Ablassen der von der EZB erzeugten „ Geldblase“noch heikler wird. Wie aber könnte es mit den Währungen nun weitergehen? Potenziell wären tiefere Streitereien um den Brexit eine Schwächung für den Euro, umgekehrt könnten die enormen Aufräumarbeiten nach den Hurrikans den USA eine Extra- Konjunktur verschaffen und so den Dollar beflügeln. Von den Zinsen erwartet Scheiblecker kaum Einfluss, zumal auch die US- Notenbank für weitere Erhöhungen eher abwarten dürfte.