Kronen Zeitung

Schafft Kern noch die Aufholjagd?

In den Wahlprogno­sen liegt die ÖVP- Liste Kurz seit Monaten voran. Dem Wechsel an der Parteispit­ze von Reinhold Mitterlehn­er zum jungen Außenminis­ter folgte ein konstanter Umfragevor­sprung – oft sind es sogar mehr als fünf Prozentpun­kte, was außerhalb der

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WIEN. Politikwis­senschafte­r Peter Filzmaier analysiert, ob Sebastian Kurz am 15. Oktober einen StartZiel- Sieg landen wird oder ob Kanzler Christian Kern doch noch aufholt. Weiters im Wahl Extra: Politiker in Trachtenmo­de.

Sebastian Kurz und seine ÖVP müssen auf einen Mitläufere­ffekt vertrauen. Dieser Begriff wurde im US- Präsidents­chaftswahl­kampf 1940 erfunden und besagt, dass Wähler dazu neigen, auf den Zug des vermeintli­chen Siegers aufzusprin­gen. Es ist offenbar eine menschlich­e Eigenschaf­t, dass man auf Seite der Gewinner und nicht der Verlierer stehen will.

Oft sind es etwa erfolgreic­he Fußballver­eine wie Barcelona oder Bayern München, die ständig neue Anhänger bekommen. Ob das beim Wahlverhal­ten ähnlich ist? Wissenscha­ftlich nachgewies­en ist es nicht.

Die Gegenthese dazu – und zugleich rot- blaue Hoffnung – ist ein Soldarisie­rungseffek­t wie 2006 für die SPÖ nach dem ihr schadenden BAWAG- ÖGB- Skandal. Demzufolge würden viele Wähler dem womöglich Unterlegen­en helfen.

Nach heutigem Stand der Umfragen würde das bedeu- ten, dass Anhänger von SPÖ und FPÖ als „ nur“auf dem zweiten oder dritten Platz liegend mehr das Gefühl haben, es käme auf die eigene Stimme ganz besonders an.

Speziell wer 2013 Team Stronach oder BZÖ bevorzugte und nun ÖVP wählt, könnte für seine neue Partei einerseits weniger motiviert und anderersei­ts zu früh siegessich­er sein.

Solche Wählertype­n mit dem Glauben, alles wäre längst gelaufen, bleiben am ehesten am Ende doch zu Hause, statt ins Stimmlokal zu pilgern.

Kleinere Parteien müssen sich vor dem Fallbeil- Effekt fürchten. Derzeit gelingt laut Umfragen Grünen, NEOS und Liste Pilz genauso der Einzug ins Parlament. Und das ist zum politische­n Überleben notwendig. Es darf kein Meinungsbi­ld wie einst beim Liberalen Forum entstehen, eine Stimme für sie wäre sozusagen verlorene Liebes- müh. Schafft es eine Partei laut öffentlich­er Meinung sowieso nicht, beginnen ihre Fans zu grübeln, dass knapp daneben oder klar vorbei egal sei.

Folgericht­ig entscheide­n sie sich als zweite Wahl für eine der größeren Parteien, um das Rennen an der Spitze zu beeinfluss­en.

Zu guter Letzt gibt es einen Medieneffe­kt, warum wir die Wahl als Kopfan-Kopf- Rennen erleben möchten. Das liegt im Interesse aller. Der Führende, also Kurz, muss das vorzeitige Zurücklehn­en seiner Partei verhindern. Wer etwas hinten liegt – momentan die Herren Kern und Strache –, will eine tatsächlic­he oder angebliche Aufholjagd inszeniere­n.

Fernsehen und Zeitungen, so ehrlich muss man sein, wünschen sich ebenfalls die größtmögli­che Spannung. Bei bis zu einem Viertel unentschlo­ssener Wähler ist diese zudem auch wirklich gegeben.

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 ??  ?? HC Strache: Will auch auf Platz 1
HC Strache: Will auch auf Platz 1
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Sebastian Kurz: Klarer Start- Ziel- Sieg?
 ??  ?? Christian Kern: Plötzlich auf Aufholjagd
Christian Kern: Plötzlich auf Aufholjagd
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