Beim Theater hat man die Nase gerümpft
Der gebürtige Kroate Miroslav Nemec ( im „ Tatort: Der tiefe Schlaf“, Di., 20.15, BR) über sein Aufwachsen bei deutschen Adoptiveltern, seine Musik und seinen „ Tatort“- Start 1989 (!)
Miroslav Nemec, Sie sind einer der populärsten „ Tatort“- Kommissare – und das seit 28 Jahren! Wie lange haben Sie denn gedacht, dass Sie diese Rolle spielen werden?
( lacht) Sicher nicht länger als zwei Jahre. Man hat mir und Udo ( Udo Wachtveitl alias Hauptkommissar Leitmayr) damals ja diese Rollen angeboten, ohne dass wir zu
einem Casting mussten. Einfach weil man zwei Junge wollte, wobei der eine einen Migrationshintergrund haben und der andere aus München sein sollte. Aber wir sollten gleich eine Option für sechs Folgen unterschreiben – das wollten wir nicht. Warum nicht?
Einerseits war der Stellenwert vom „ Tatort“noch nicht so hoch wie heute; andererseits war das eine Zeit, wo man keine Bullen spielen wollte. Dazu kam noch, dass man beim Theater – ich hab damals sehr viel mehr Theater gespielt als heute – die Nase gerümpft hat. Gemäß der damaligen Einstellung: „ Na ja,
jetzt geht der halt zum Fernsehen . . .“Sie haben sich’s dann anders überlegt?
Ja, aber bis heute unterschreiben wir immer nur für die nächste Folge.
Inhaltlich beschäftigt sich „ Tatort“ja gerade in den letzten Jahren immer mehr mit sehr aktuellen Themen. Was für Reaktionen bekommen Sie persönlich vom Publikum?
Dass es früher mehr Humor gab. Ich würde mehr davon eigentlich auch befürworten. Sie sind in zwei Kul-
turkreisen aufgewachsen – in Ihrer H eimat Kroatien und in Deutschland, der H eimat Ihrer Adoptiveltern. Wie kam’s überhaupt zu dieser Adoption – Ihre E ltern waren ja noch beide am Leben!?
Meine Adoptiveltern hatten selber keine Kinder. und schon meine Mutter ist bei diesem Paar aufgewachsen. Ich hab die beiden daher von klein auf gut gekannt, weil wir immer wieder bei ihnen in Freilassing zu Besuch waren. Und da
meine Familie nicht gut gestellt war, kam es letztlich zu dieser Adoption. Da war ich zwölf.
Aber warum gleich adoptieren? Sie hätten doch einfach bei den Nemec leben können!
Das war eine Idee meiner Mutter. Primär, damit ich den deutschen Pass bekomm, aber vermutlich auch wegen dem Erbe. Mein Vater ist zwar gar nicht einverstanden gewesen, aber er wurde entmündigt, weil er gesoffen hat. Für Sie war‘ s letztlich
eine Riesenchance: Vor Ihrer Schauspielausbildung haben Sie am Mozarteum Musik studiert. Davon zehren Sie noch heute!
Schon, weil ich ja auch beruflich sehr viel mit Musik mach. Einerseits geb ich Soloabende mit Gedichten und Vertonungen, wo ich mich selbst am Flügel und auf der Gitarre begleite; andererseits gibt’s die Miro Nemec Band, bei der wir alte Klassiker und aktuelle Hits genauso spielen wie Lieder aus
meiner kroatischen Heimat . . .
. . . und das zum Teil vor zigtausenden Besuchern!
Stimmt! Außerdem hab ich auch noch meine Schulband Asphyxia, die ich mit siebzehn gegründet hab.
E ine Schulband, die fast ein halbes Jahrhundert alt ist, ist wohl einsamer Rekord!
( lacht) Dass das so lange hält, daran hab ich ebenso wenig geglaubt wie an die 28 Jahre „ Tatort“. Mal schauen, wie lange beides noch weiterlebt!