Warum gehen immer alle auf Wien los?
ÖVP, FPÖ und NEOS kritisieren jeden Tag aufs Neue unsere Stadt Was Häupl und Vassilakou dazu sagen Über Schulden, Ausländer und politisches Kalkül
Wer sich derzeit durch die vielen TV- Wahldiskussionen quält und den Politikern beim Reden zuhört, der kommt schnell zu der Erkenntnis: Wien liegt direkt am Höllenschlund, hier herrschen politische Anarchie und Chaos pur. Die „ Krone“fragte nach: Was ist erfunden und was nicht? Und wer gewinnt durch diese Wien- Kritik?
Sebastian Kurz, HeinzChristian Strache und Matthias Strolz – die Dreier- Koalition gegen Wien. Egal, ob Arbeitslosigkeit, Schulden, die Beamten- Pensionen, Gangbetten, die hohe Mindestsicherung oder die Integrationspolitik: Gerade in TV- Diskussionen wird Wien zum Watschenbaum degradiert, auf den vor allem ÖVP, FPÖ und NEOS nach Belieben hinprügeln dürfen.
Rot- Grün: Die zwei größten Probleme
Rot- Grün in der Bundeshauptstadt hat vor der Wahl zwei große Probleme.
Erstens: „ Die Stadtregierung macht alles andere als einen stabilen Eindruck“, analysierte schon Meinungsforscher Peter Hajek. Ähnlich formuliert es auch Politologe Peter Filzmaier: „ Viel ist natürlich politisches Kalkül. Wien ist das zweitgröße Bundesland, und es ist anders als Niederösterreich ein offenes Schlachtfeld. Hier gibt es eine Million Wahl- berechtigte und gleichzeitig eine ehemals klar überlegene SPÖ, die nicht mehr so stark und mit einem Nachfolgekonflikt beschäftigt ist, und die Grünen mit ihren internen Diskussionen, siehe Heumarkt.“
Zweitens: Viele Punkte sind leider auch wahr. Von Rekord- Schulden über Krankenhaus Nord bis hin zum FrühpensionistenParadies Stadtwerke. Aber, so Filzmaier weiter: „ Blick nach Kärnten und Salzburg. Dort gab es in der jüngeren Vergangenheit einmalig große Finanzskandale, die in Kärnten sogar in rechtskräftigen Verurteilungen von Politikern endeten.“
Was Wien- Attacken so „ beliebt“macht: In Städten ist die Wahlbeteiligung geringer, und es gibt mehr Wechselwähler. Bleiben Verschreckte am 15. Oktober daheim, sind sie zumeist von der Gegenseite. Außerdem: Gerade Kurz kann – nach der 9- Prozent- Pleite der Wiener ÖVP 2015 – in der Stadt nur gewinnen. Egal, was er sagt.
„ Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung. Wien ist Medizin- Zentrum, Uni- Standort und Arbeitsplatz für Hunderttausende aus dem Umland. Das machen wir gerne, wollen aber dafür nicht geschimpft werden“, so Bürgermeister Michael Häupl ( SPÖ). Vize Maria Vassilakou ( Grüne): „ Wien allein erbringt ein Viertel der Wirtschaftsleistung Österreichs. Enttäuschend finde ich, dass Sebastian Kurz, der ein Kind dieser Stadt ist, sie nun verrät. Anstatt unserer Stadt den Rücken zu stärken, tritt die ÖVP bei jeder Gelegenheit auf Wien hin, weil sie hier nicht in der Regierung sitzt.“