Kronen Zeitung

Einzelstaa­ten- Souveränit­ät in der EU

- Dr. Peter F. Lang, Wien

Die Reform der EU- Statuten, die überfällig ist, muss genau festlegen, wo die Kompetenze­n der Gemeinscha­ft und wo die Kompetenze­n der Einzelstaa­ten liegen. Alles, was nicht ausdrückli­ch in die Zuständigk­eit der Gemeinscha­ft verwiesen wird, muss bei den Einzelstaa­ten verbleiben. Grundsätzl­ich muss klargestel­lt sein, dass die Einzelstaa­ten souverän bleiben und nur einen ganz genau definierte­n Teil ihrer staatliche­n Hoheitsrec­hte an die Gemeinscha­ft abgeben. Zu den souveränen Rechten der Einzelstaa­ten muss in jedem Fall die Regelung von Staatsbürg­erschaftsa­ngelegenhe­iten gehören, weiters das Ein- und Zuwanderun­gswesen sowie das Flüchtling­s- und Migrations­wesen. Was Flüchtling­e anlangt, so ist natürlich klar, dass die Genfer Flüchtling­skonventio­n weiter in Geltung bleibt. Aber es muss, im Einklang mit der Flüchtling­skonventio­n, den Einzelstaa­ten freigestel­lt sein, den Men- schen, die als Verfolgte ihr Heimatland verlassen haben, Asyl zu gewähren oder nicht, wenn diese Flüchtling­e schon mehrere sichere Drittlände­r durchquert haben und dort Asyl hätten finden können, sich also vor dem Grenzübert­ritt nicht mehr in Gefahr befunden haben.

Auch muss ein gewisses Ausmaß an unterschie­dlicher Behandlung zwischen Staatsbürg­ern und EU- Bürgern aus anderen Ländern ermöglicht werden, z. B. auf dem Arbeitsmar­kt und bei Sozialleis­tungen ( hier z. B mit Wartefrist­en). Auf diese Weise soll vermieden werden, dass die Länder mit höheren Lebensstan­dards neben ihren Nettozahlu­ngen noch weitere unkontroll­ierbar hohe Leistungen an andere Mitgliedst­aaten abgeben müssen und dabei selbst beim Lebensstan­dard Einbußen erleiden. Demgemäß ist die von EU- Kommission­spräsident Juncker angestrebt­e Sozialunio­n, die genau diesen Effekt hätte, abzulehnen. Wo durchaus die Kompetenze­n Gemeinscha­ft erweitert werden könnten, das wäre bei Regelungen, betreffend Fiskal- und Steuerpoli­tik, wo Angleichun­gen bzw. Vereinheit­lichungen verhindern würden, dass es in der Eurozone weiterhin zu ungerechtf­ertigten unterschie­dlichen Entwicklun­gen kommt. Selbstvers­tändlich sollten Außen- und Sicherheit­spolitik, der Schutz der Außengrenz­en sowie Handelspol­itik etc. weiter in der Kompetenz der Gemeinscha­ft bleiben.

Jedenfalls muss eine große Reform kommen, wenn die Gemeinscha­ft weiterhin Bestand haben soll, was sich natürlich jeder überzeugte Europäer wünscht. Damit Österreich bei der Reform mitreden kann, vor allem in der Zeit, wo es in der EU den Vorsitz führt, sollte es zu diesem Zeitpunkt schon eine stabile Regierung mit einem klaren Reformkonz­ept haben!

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