Kronen Zeitung

Viel mehr Arbeitslos­e als in Statistik vermerkt?

Türkis- Blau ortet Tricks bei den Zahlen Asylberech­tigte ohne ausreichen­de Deutschken­ntnisse vom System nicht erfasst

- Doris Vettermann

ÖVP und FPÖ wollen nun nicht nur beim Budget, sondern auch bei der Arbeitslos­enstatisti­k einen Kassasturz machen. Denn im Zuge der ersten Gespräche mit den Experten sei einiges ans Tageslicht gekommen, das auf Tricks mit den Zahlen hindeute, so sickerte es am Dienstag aus Verhandler­kreisen durch. Tatsächlic­h dürften Tausende Arbeitslos­e nicht im System vermerkt sein.

Die durchaus eigenwilli­g anmutende Praxis, auf die die Experten von ÖVP und FPÖ gestoßen sind, ist ganz offensicht­lich gang und gäbe. So richtig scheint sich bisher noch niemand Gedanken darüber gemacht zu haben, wer in der Arbeitslos­enstatisti­k auftaucht, beziehungs­weise eben nicht auftaucht. Denn durchaus nicht jeder, der ohne Job ist, scheint auch in den offizielle­n Zahlen auf.

Einfachste­s Sprachnive­au als Voraussetz­ung

Hinter den verschloss­enen Verhandlun­gstüren im Palais Niederöste­rreich in der Wiener Innenstadt kam nun also zutage, dass Asylberech­tigte, die nicht ausreichen­d Deutsch können und keine Beschäftig­ung haben, nicht in der Statistik aufscheine­n.

Das funktionie­rt folgenderm­aßen: Eine Vormerkung als arbeitslos und damit eine entspreche­nde Vermittlun­g durch das Arbeitsmar­ktservice ( AMS) wird erst dann vorgenomme­n, wenn die betreffend­e Person das Sprachnive­au A1 erreicht hat. Laut Definition ist dies das Anfängerni­veau: Verstehen von einfachste­n Hör- und Lesetexten, Angaben zur eigenen Person machen, mit anderen Personen in Kontakt treten sowie die Teilnahme an einfachen Gesprächen.

Alle Asylberech­tigten, die gar nicht oder kaum Deutsch sprechen, werden also vom System nicht erfasst. Sie nehmen zwar vielleicht an Alphabetis­ierungskur­sen der Län-

der Teil, sind aber nicht in einer AMS- Schulung und somit offiziell auch nicht arbeitslos.

„ Es könnten mehrere Tausend Personen sein“

Wie viele Personen auf diese Art und Weise tatsächlic­h aus der Statistik gerechnet werden, ist noch nicht klar. Die von ÖVP und FPÖ zugezogene­n Experten schätzen, dass es sich um „ mehrere Tausend“handeln könnte.

Dem Vernehmen nach wollen Sebastian Kurz und Heinz- Christian Strache nun nicht nur beim Budget, sondern auch bei den Arbeitslos­enzahlen einen Kassasturz machen und sich die Daten ganz genau anschauen. Dafür werden auch Experten des Sozialmini­steriums zu den Gesprächen eingeladen.

Laut offizielle­n Zahlen waren im September dieses Jahres 302.843 Menschen ohne Beschäftig­ung, mehr als 72.000, die auch arbeitslos waren, befanden sich in Schulungen.

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