Der Tod auf des Meeres Wellen
Wien Modern: Start mit Henzes „ Das Floß der Medusa“
Mit einem Riesenwerk eröffnete die 30. Ausgabe des Festivals Wien Modern den Konzertreigen im großen Konzerthaussaal, mit Hans Werner Henzes 1967/ 68 entstandenem Oratorium „ Das Floß der Medusa“. Dirigent Cornelius Meister gelang aber nur bedingt ein bedrückendes Monumentalgemälde.
Der Schiffbruch der „ Medusa“1816 vor Afrika, die Brutalität des Kommandanten de Chaumaray ( er ließ das Floß mit über hundert Überlebenden im Stich) und die Todesangst der Menschen finden sich in der Kunstgeschichte wie in der Musik immer wieder. Henzes intensives Werk ( Libretto: Ernst Georg Schnabel) steht da an oberer Stelle.
Es ist ein enormer Klangapparat, der durch des Meeres Wellen, das entsetzliche Sterben von Männern, Frauen und Kindern, die seelische Qual manövriert werden muss. Cornelius Meister hat alles fest im Griff: Bestens studiert präsentieren sich das RSO Wien, der ausgezeichnete Arnold Schoenberg Chor, die Wiener Sän- gerknaben und die Solisten Sarah Wagner ( La Mort), Dietrich Henschel ( Tagebuchschreiber Jean- Charles) und Sven- Erich Bechtolf ( der Sprecher mit Namen des Fährmanns Charon).
Meister verbindet die mit Titeln wie „ Appell unter dem Monde“überschriebenen Blöcke mit Weitblick und Durchsicht. Und dennoch bleibt es trotz subtil gesetzter Akzente ( etwa militärischer Ton) und Brüche ( beim Kampf Dürstender um das Wasser) ein laues Dahinfließen. Am intensivsten sind Momente, wenn der Tod („ La Mort“) wie eine Sirene in der Nacht die Sterbenden lockt, sich die Chöre nach und nach von den Lebenden zu den Toten wandeln. Auch musikalisch. Das Gesamtbild ist ein solide inszeniertes, aber nicht so aufregendes, wie es Henzes Oratorium gebührt hätte.