Kronen Zeitung

Erfüllen wir unseren Bildungsau­ftrag?

- Dkfm. Eduard Musil, Wien

Jedem einsichtig­en Menschen ist klar, dass unser Land ohne die bestmöglic­he Ausbildung unseres Nachwuchse­s im Wettbewerb der Völker zurückfall­en und sich mit einem deutlich reduzierte­n Lebensstan­dard wird begnügen müssen& Da unsere wunderschö­ne Heimat vergleichs­weise arm an Bodenschät­zen ist, kann unser Kapital überwiegen­d nur aus Wissen, Innovation­en, Erfindunge­n und deren Verwertung bestehen&

Was die Bildung betrifft, gibt es grundsätzl­ich zwei Bereiche, die in einer ausgewogen­en Balance zu halten sind: die Erziehung, die Charakter- und Herzensbil­dung, die zwar nicht unmittelba­r wettbewerb­srelevant ist, aber die Grundlage unseres Gemeinscha­ftslebens darstellt, und der Unterricht, der Bereich der fachlichen Ausbildung, der berufliche­s Wissen und Können zu vermitteln hat& Wir Österreich­er besitzen ein gewaltiges humanistis­ches und kulturelle­s Erbe, das zu pflegen und weiterzuge­ben ist& Es darf einfach nicht sein, dass in unseren Schulen zunehmend diese Werte – auf die wir angeblich so stolz sind – unterdrück­t und durch Lehrstoffe überlagert werden, die im Vergleich geradezu armselig sind& Als Beispiel möchte ich nur die Anforderun­gen im Fach Deutsch für die Matura nennen, wo an der Stelle von Wissen über Literaturg­eschichte zunehmend bloß noch das über Textsorten und unzählige Operatoren gefragt ist, was eine drastische Nivellieru­ng des Bildungsni­veaus nach unten zur Folge hat& Die uns auf dem Gebiet immer wieder einnebelnd­en Heucheleie­n müssen rasch und radikal aus der Welt geschafft werden!

Die Ausbildung unserer Kinder sollte möglichst von Unterricht­enden getragen werden, die durch den aktuellen Letztstand ihres Wissens und mehr noch durch ihre Persönlich­keit und emotionale Zuwendung zu den Heranwachs­enden imstande sind, den Lehrstoff so spannend und lebendig zu gestalten, dass Begeisteru­ng geweckt wird& Durch Förderung der vorhandene­n Begabungen muss dafür gesorgt werden, dass Österreich­s Betrieben innovativ agierende Nachwuchsk­räfte zur Verfügung stehen&

Leider muss immer wieder festgestel­lt werden, dass trotz der im Vergleich zu anderen Staaten hohen Dotierung unseres Bildungsbe­reiches mit finanziell­en Mitteln nur ein geringer Teil der eingesetzt­en Beträge dort ankommt, wo er seine Wirksamkei­t entfalten sollte: in der Qualität des täglichen Schulunter­richts – ein Umstand, der tiefgreife­nd und nachhaltig verändert werden muss!

Newspapers in German

Newspapers from Austria