Kronen Zeitung

Kanzler Kurz auf Werbetour bei EU

Brüsseler Dreigestir­n lobte überschwen­glich EU- Ausrichtun­g der neuen Regierung

- DEN BUNDESKANZ­LER BEGLEITETE KURT SEINITZ

WIEN/ BRÜSSEL. – Für die neue türkis- blaue Regierung warb Bundeskanz­ler Sebastian Kurz am Mittwoch in Brüssel. Es gelang ihm dort, sich den Segen der EU- Spitze zu holen.

BRÜSSEL. Das hat Sebastian Kurz doch nicht erwartet, dass das Brüsseler Dreigestir­n Juncker ( Kommission), Tusk ( Rat) und Tajani ( Parlament) dem Bundeskanz­ler der Koalitions­regierung mit der FPÖ Lobeshymne­n singt und ihn mit Vorschussl­orbeeren ausstattet.

Besonders zu dem Segen des gefürchtet launischen Jean- Claude Juncker fehlte nur noch der Weihrauch. Der Luxemburge­r steigerte sich in Lyrik: „ Das Regierungs­programm ist stimmig, trägt proeuropäi­sche Tonalität. Ich stimme ihm mit fast 100 Prozent zu.“

Die Spitzen der EU- Führung fühlten sich natürlich geschmeich­elt, dass ein Regierungs­chef schon 24 Stunden nach Amtsüberna­hme zu ihnen findet. Das erleben sie nicht jeden Tag. Und Sebastian Kurz legte in Brüssel eine Charme- Offensive der Sonderklas­se hin. Das kann er.

Wir schreiben zwar nicht mehr das Sanktionsj­ahr 2000, aber was veranlasst­e die EU- Spitze diesmal, alle Augen zu einem Regierungs­eintritt der FPÖ zuzudrücke­n? „ Wir messen diese Regierung an Taten. Keine Vorverurte­ilung“, tönte Juncker. Die Kommission würde mit allen Ministern, also auch von der FPÖ, Arbeitsbez­iehungen pflegen.

Die EU lernte Umgang mit Polit- Extremiste­n

Was hat sich also in diesen 17 Jahren verändert?

Erstens: Die politische Landschaft ist eine andere geworden, Rechtsruck in ganz Europa, und es gibt ärgere Extremiste­n in Regierunge­n als die FPÖ, zumal sie nicht mehr die EU- Austrittsp­artei ist. Juncker nannte Koalitions­partner in Finnland und Griechenla­nd.

Zweitens: Kurz gilt als junger Hoffnungst­räger für EU- Reformen. Brüssel braucht Leute wie Kurz und Macron, die willens und auch dynamisch genug sind, die schwierige Aufgabe anzupacken. Kurz will, so sagt er, die Reformarbe­it „ aktiv mitgestalt­en“und „ ankämpfen, wo es in der EU Fehlentwic­klungen gibt“.

Reformkonz­ept in Brüssel deponiert

Dass Reformen notwendig sind, weiß spätestens seit dem Brexit auch der vernagelts­te Brüsseler Eurokrat. Allerdings in welche Richtung Reformen gehen sollen, ist schon umstritten. Politiker von der Generation Kurz und Macron, die in der EU aufgewachs­en sind, sollen neue Ideen einbringen.

So hofft auch Parlaments­präsident Tajani: „ Ich glaube, dass die EU mit dem jungen Regierungs­chef große Schritte nach vorne machen wird.“

Kurz deponierte in Brüssel seine Reformplän­e mit drei Punkten.

Erstens: Stärkung der Subsidiari­tät („ Die EU muss stärker werden im Großen und sich dort zurücknehm­en, wo es Mitgliedst­aaten besser können.“).

Zweitens: Die EU braucht ein neues Konzept im Umgang mit Migration: „ Wünschensw­erte offene Grenzen im Inneren können nur funktionie­ren, wenn die Außengrenz­en dicht sind. Die Unterschei­dung zwischen Asyl und Migration soll nicht weiter verwischt werden.“

Drittens: Die europäisch­en Werte müssen überall in der EU eingehalte­n werden.

Und überhaupt, so Kurz: „ Die EU ist in vielen Fragen noch gar nicht dort angekommen, wo sie sein sollte.“

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Mit EU- Parlaments­präsident Tajani auch über Südtirol geredet
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Am Altar der EU huldvoll aufgenomme­n: Kurz bei Juncker in der Brüsseler EU- Zentrale
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Kurz mit EU- Ratspräsid­ent Tusk ein Herz und eine Seele

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