Kronen Zeitung

Verraten und verkauft

- christian. hauenstein@ kronenzeit­ung. at

Kurze Zeit haben sie Oberwasser gespürt, die Kurden im Irak und auch in Syrien. Die Welt hat sie gebraucht im Kampf gegen die Terrorband­en des Islamische­n Staates ( IS). In Syrien war es vor allem ( von den USA unterstütz­ten) kurdischen Einheiten der sogenannte­n YPG zu verdanken, dass der IS so gut wie geschlagen werden konnte. An die 3000 Kämpfer und auch Kämpferinn­en

der YPG haben dabei ihr Leben verloren. Im Norden des Irak und bei der Rückerober­ung von Mossul starben rund 1500 kurdische Peschmerga im Kampf gegen den Islamische­n Staat.

Trotz oder gerade wegen dieser Opfer fühlten die Kurden sich bis vor Kurzem so stark wie nie zuvor. Das führte zu einem Unabhängig­keitsrefer­endum in IrakischKu­rdistan – mit der Folge, dass Bagdad den Kurden alle Gebiete wieder abnahm, die sie im Kampf gegen den IS eingenomme­n und besetzt hatten. Proteste dagegen gab es nicht, das Referendum war internatio­nal bereits im Vorfeld abgelehnt worden.

Und auch jetzt, da die türkische Armee in das Kurdengebi­et im Norden Syriens einmarschi­ert ist, halten sich die internatio­nalen Proteste stark in Grenzen. Der IS ist in Syrien schließlic­h so gut wie besiegt. Vor der Tatsache, dass sich die Türkei – um eigene Opfer möglichst zu vermeiden – auf islamistis­che Kämpfer anderer Gruppierun­gen im Norden Syriens stützt, werden die Augen verschloss­en. Es gibt maximal Aufrufe zur „ beiderseit­igen Zurückhalt­ung“.

Die Türkei will in jedem Fall verhindern, dass an ihrer Grenze im Norden Syriens ein zusammenhä­ngendes, selbstverw­altetes Kurdengebi­et entsteht, das den Kurden im eigenen Land zum Vorbild werden könnte. Russland lässt die Türken vorerst gewähren.

Und die Kurden müssen sich wieder einmal verraten und verkauft fühlen.

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