Wo Eisbären tanzen
Konzerthaus: Mullova, Paavo Järvi
Das Estonian Festival Orchestra ( EFO) wurde von Paavo Järvi 2011 gegründet und versammelt großartige Musiker aus Järvis früheren Orchestern mit dem besten estnischen Nachwuchs. Anlässlich des 100- jährigen Bestehens der Republik Estland geht das EFO erstmals auf große Europa- Tournee.
Begonnen hat der Abend mit einem Meister in der Kunst des Weglassens: Arvo Pärts „ Cantus in Memory of Benjamin Britten“– ein bewegender Klagegesang in Gestalt eines Kanons, angestimmt für den einzigen Komponisten, in dessen Schaffen Pärt eine verwandte Seele finden konnte.
Danach glänzte Viktoria Mullova mit dem Violinkonzert von Jean Sibelius, in dessen Finale ein britischer Musikschriftsteller einst Eisbären tanzen hören wollte. Mullova gestaltete das Werk mit großen Melodie- bögen und ausdrucksstarkem Ton. Technisch auf höchstem Niveau, spannungsvoll und nuanciert im Ausdruck. Überzeugend das Zusammenspiel mit dem EFO unter Paavo Järvi.
Nach der Pause: entrückte Klänge des gebürtigen Esten Arvo Pärt von dessen berühmten „ Fratres“.
Den großartigen Abend beschloss Dmitri Schostakowitschs 6. Symphonie von 1939: Paavo Järvi enttäuschte auch dabei die Erwartungen der Zuhörer auf präzise sinnlich klangvolle Sinfonik keineswegs. Im Gegenteil – er verlieh dem Geschehen bemerkenswerte Tiefe, fasste die Entwicklungen in nirgends nachlassende Spannungsbögen.
Ein für Zuhörer und Musiker spannender, aber auch höchst anspruchsvoller, fordernder Konzertabend!