Neue Sicht auf Kuss & Co. im Belvedere
Das Belvedere stellt sich neu auf – und im Zuge dessen wird auch Gustav Klimts „ Kuss“in einem spannenden, frischen Kontext gezeigt
Im ganzen Haus ist sie schon zu spüren – diese Nervosität vor dem großen Tag. Vor einem Kuss darf man ja auch durchaus aufgeregt sein. Ganz besonders wenn es sich um DEN „ Kuss“handelt, dieses wunderbare Bild von Gustav Klimt, das am Mittwoch innerhalb des Belvederes das erste Mal seit Jahren seinen Standort wechselt. „ Dieser Umzug muss wie ein militärischer Feldzug geplant werden, auch wenn dieser Vergleich gerade beim , Kuss‘ ein wenig martialisch klingen mag“, verrät Belvedere- Generaldirektorin Stella Rollig. „ Ganz viele Kräfte müssen da zusammenwirken, alle Abteilungen genau informiert sein.“Mehrere Personen sind nötig, um das schwere Bild von einem Flügel des Belvederes in den gegenüberliegenden zu transportieren. „ Am allerwichtigsten ist natürlich der Schutz. Das Bild befindet sich ja in einer Sicherheitsvitrine – und auch in der neuen Aufstellung kommt es in eine maßgeschneiderte Vitrine, die alle modernen Anforderungen der Sicherheit gewährleistet.“
Natürlich gibt es einen guten Grund für diesen Umzug: Das Belvedere stellt sich komplett neu auf. „ Ein Blick auf die Sammlungspräsentation hat gezeigt, dass sie ein wenig in die Jahre gekommen ist“, erklärt Stella Rollig, die vor einem Jahr die Geschicke des Belvederes übernommen hat. „ Wir wollen das Belvedere vor allem auch bei den Wienern und Wienerinnen wieder mehr als Museum ins Bewusstsein rufen. Viele nehmen es nur als einen Tourismusort wahr, als Barockanlage, in die man kommt, um spazieren zu gehen oder sie seinen Gästen von auswärts zu zeigen. Allerdings vergessen viele, dass man ins Belvedere auch ge- hen sollte, um wunderschöne Bilder zu sehen.“
In monatelanger Arbeit wurde nun ein Konzept erstellt, um einen faszinierenden Bogen von der Kunst des Mittelalters bis hin zur Kunst der Nachkriegszeit zu spannen. Schlüssiger, logischer – und vor allem noch fesselnder als bisher soll der Museumsbesuch werden. „ Wir wollen in Zukunft auch mehr Informationen geben – über die Werke an sich, woher sie stammen, wann sie ins Haus gekommen sind, wie der Kontext der Kunst dieser Zeit war und wie die Künstler miteinander zu tun gehabt haben. Kurz und pointiert sollen Begleittexte den Menschen ein vertieftes Erlebnis geben, sodass sie mit neuem Wissen und Geschichten das Haus verlassen und etwas zu erzählen haben.“
Auch das „ Österreichische“soll mehr in den Fokus gerückt werden. Dazu gehört nicht nur, dass die Geschichte des Schlosses und des Museums erstmals in einer eigenen Ausstellung gezeigt wird, sondern sich auch einige Räume mit „ rotweiß- roten“Themen beschäftigen: „ Wir setzen uns zum Beispiel mit der Frage auseinander: Was ist Barock? Dieser Begriff wird ja oft dem österreichischen Nationalcharakter zugeschrieben. Ein eigener Raum wird sich österreichischen Klischees widmen, ein anderer den Habsburgern. Auch da besinnen wir uns auf unsere Identität als österreichische Galerie.“
Herzstücke der Sammlung bleiben natürlich die „ Superstars“Klimt und Schiele, die Millionen Menschen aus der ganzen Welt anlocken. „ In Zukunft werden wir die Bilder dieser Künstler nicht mehr monolithisch in speziell gewidmeten Räumen zeigen, sondern mit Werken anderer Künstler ihrer Zeit zusammenbringen, um auch Vergleiche zu ermöglichen. Das ist ja das Interessante: Ich kann sofort erkennen, was so besonders an Klimt war, wenn ich sehe, was andere Künstler zu dieser Zeit gemacht haben.“
Die Neuaufstellung findet fließend bei laufendem Betrieb statt, im März soll alles abgeschlossen sein. Die Umsiedlung von Klimts „ Kuss“ist sicherlich die spektakulärste Maßnahme der nächsten Wochen. „ Ich freue mich sehr darauf. Ich kenne das Bild ja auch nur wie unsere Besucher – und dem dann einmal so nahe zu kommen, hat schon etwas Besonderes“, gesteht Rollig. Doch an seinem neuen Platz werden auch die Besucher garantiert eine völlig neue Sicht auf den „ Kuss“entdecken können. Nähere Informationen: www. belvedere. at