Kronen Zeitung

Hungerküns­tler

- www. kronE. at/ DiakoniE

Die Wüstenväte­r, die Asketen des frühen Christentu­ms, hatten jede Art des Fastens und der Diät schon erfunden, bevor es Illustrier­te gab, die uns pünktlich zur Fastenzeit mit Schlagzeil­en wie „ in 7 Wochen 10 kg weniger“oder „ im Schlaf zur Bikinifigu­r“beglücken. Es gab Eremiten, die aßen vegan oder gar nur Früchte, die vom Baum gefallen sind. Sogar die Methode, nur jeden zweiten Tag zu essen, praktizier­ten die Asketen. Sie wollten sich durch das Essen nicht beim Gebet stören lassen und ein gottgefäll­iges Leben führen.

Außerdem hatten sie Angst, dass sich im Essen Dämonen verstecken könnten, die mit der Nahrung in den Körper gelangen. Eine archaische Vorstellun­g. Wer glaubt schon an Dämonen! Heute glauben wir, dass es die Fette sind und die Kohlenhydr­ate und der Zucker, in denen der Teufel steckt, der uns dick und krank macht. Die Dämonen haben neue Namen bekommen. Mit den alten Dämonen haben sie eines gemein: Sie wollen ausgetrieb­en werden.

Doch moderne Diäten haben ein anderes Ziel als das Fasten der Wüstenväte­r. Fasteten diese, um zu beten und ein gottgefäll­iges Leben zu führen, so fasten wir heute der Fitness und Gesundheit wegen. Nun ist es sicher auch gottgefäll­ig, den eigenen Körper gesund zu erhalten. Wer möchte, treibe sie also aus, die Teufelchen des Winterspec­ks. Bleibt uns noch Zeit zum Gebet, dann können wir Gott auch dafür danken, wie er uns gemacht hat, und uns versöhnen mit dem oft ungeliebte­n Körper.

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