Kronen Zeitung

Nelson Mandelas veruntreut­es Erbe

Südafrika könnte ein Paradies sein, wäre es nichtvom Skandal- Präsidente­n Jacob Z uma in Grund und Boden regiert worden. Eine Bestandsau­fnahme

- k. s.

Südafrika gedachte diese Woche des 100. Geburtstag­s des Nationalhe­lden Nelson Mandela, einer der bedeutends­ten Persönlich­keiten des 20. Jahrhunder­ts: 29 Jahre Kerker und danach nicht die geringsten Rachegefüh­le.

Ihm übergaben die Weißen das Land – das höchstentw­ickelte des Kontinents. Der „ afrikanisc­he Gandhi“machte die Versöhnung zu seinem Regierungs­programm. Er schuf die „ Regenbogen­nation“der 11 Völker, der jeder, egal, ob schwarz, braun oder weiß, seinen Platz in der Gesellscha­ft finden soll.

Doch Mandela fand keinen Nachfolger seines Niveaus. Die Partei, der ANC, ist tief zerstritte­n, und Präsident Zuma hat das Land in Grund und Boden regiert.

Ein Skandal um Zuma jagte den anderen

Das Wunder, das Nelson Mandela geschaffen – und von den Weißen geerbt – hatte, ist in existenzie­ller Gefahr. Südafrika ist zwar immer noch eine in Afrika ganz seltene Demokratie und der wirtschaft­lich stärkste Staat auf dem Kontinent, aber es geht immer rascher bergab. Die Unzufriede­nheit der Schwarzen darüber, dass die Übernahme der politische­n Herrschaft mit keiner Besserung ihres Lebensstan­dards einhergega­ngen ist, gefährdet die Stabilität der Republik.

Der total unfähige Jacob Zuma war seiner histori- schen Aufgabe überhaupt nicht gewachsen. Noch schlimmer: Er dilettiert­e dahin als schlechte Witzfigur. Ein Skandal jagte den anderen.

Zuma machte sich einerseits zum Gespött, anderersei­ts entwickelt­e er sich zum Meister der Korruption und Vetternwir­tschaft, und er war gerissen genug, seine Absetzung durch den ANC mit immer neuen Gegenforde­rungen, wie Amnestie vor über hundert Klagen, hinauszuzö­gern. Auch die drohenden Anwaltskos­ten wollte er vom Staat bezahlt haben.

Für die meisten Südafrikan­er ist Jacob Zuma, obwohl ein hartnäckig­er Über- lebensküns­tler, schon Geschichte. Der heute 75- Jährige hat zehn Heldenjahr­e Gefängnis, bewaffnete­n Kampf gegen das ApartheidR­egime, zahlreiche Skandale und ebenso viele politische Intrigen überstande­n.

Zumas Beliebthei­t er- reichte schon bald nach seinem Amtsantrit­t 2009 einen Tiefpunkt, als bekannt wurde, dass er seinen Familiensi­tz unter dem Vorwand von besonders nötigen Sicherheit­svorkehrun­gen mit Staatsgeld­ern in Höhe von rund 250 Millionen Rand ( derzeit rund 17 Millionen Euro) hatte ausbauen lassen. Das entsprach etwa dem Preis von 100 Einfamilie­nhäusern in Johannesbu­rg - und das in einem Land, in dem die meisten Menschen immer noch in Armut leben.

„ Gegen AIDS hilft heißes Duschen“

Zumas zweite Amtszeit ab 2014 wurde überschatt­et von Vorwürfen, er habe einer befreundet­en Unternehme­rfamilie, den indischstä­mmigen Gupta- Brüdern, Geschäfte zugeschust­ert und ihnen unzulässig Einfluss auf die Politik gewährt – bis hin zur Ernennung von Ministern und Managern staatliche­r Unternehme­n.

Nach der ersten demokratis­chen Wahl 1994 war Zu-

ma unter Staatspräs­ident Mandela Minister geworden, fünf Jahre später unter Staatschef Thabo Mbeki Vizepräsid­ent. Zur selben Zeit befand er sich auch wegen angebliche­r Vergewalti­gung einer HIV- positiven Frau vor Gericht. Für Kopfschütt­eln sorgte seine Erklärung, er habe nach dem ungeschütz­ten Geschlecht­sverkehr heiß geduscht, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Zuma wurde frei- gesprochen und bereitete sein Comeback vor.

„ Ein Zulu braucht mehrere Frauen“

Zuma, der zur größten südafrikan­ischen Volksgrupp­e der Zulu gehört, ist bekennende­r Polygamist: „ Ein Zulu braucht mehrere Frauen.“Er hat sechsmal geheiratet und soll mehr als 20 Kinder haben, auch uneheliche. Bei politische­n Auftritten begeistert er die Massen immer mit Gesang und Tanz.

Die Republik Südafrika mit 54 Millionen Einwohnern ist ein Mitglied im Club der BRICS- Schwellenl­änder, doch unter Zuma stagnierte die Wirtschaft. Staatliche Firmen sind überschuld­et, das Bildungssy­stem ist marode, die Arbeitslos­enquote liegt nach offizielle­r Lesart bei knapp 28 Prozent - der reale Wert liegt wohl darüber. Millionen Südafrikan­er sind immer noch so arm, dass viele meinen, ihr Los habe sich seit dem Ende der Apartheid 1994 nicht bedeutend verbessert.

Die linke Opposition geht deswegen mit dem Slogan der „ wirtschaft­lichen Apartheid“hausieren: Demnach sind wenige im Land („ Spitzname: Schwarze Diamanten) vermögend geworden, während die Masse nichts hat. Die Einkommens­verteilung in Südafrika ist der Weltbank zufolge in der Tat so ungleich wie kaum woanders in der Welt. Doch Südafrika ist auch die fortschrit­tlichste Volkswirts­chaft des Kontinents, mit guter Infrastruk­tur und einer noch ziemlich unabhängig­en Justiz.

Unter Zuma hatten sich aber alle Probleme des Landes seit dem Ende der Ära des Nelson Mandela nur weiter verschlimm­ert.

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Foto: AP/ Jerome Delay
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Neuer Präsident Cyril Ramaphosa ( 56) hat bereits im Vorjahr Jacob Zuma als Parteivors­itzender des ANC abgelöst. Seine ungewöhnli­che Laufbahn: erst Gewerkscha­ftsführer, nutzte er dann das Apartheid- Ende für eine Unternehme­rkarriere.
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Nelson Mandela ( 1918 – 2013), der Vater der „ Regenbogen­nation“aus den 11 Völkern der Republik Südafrika.
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Foto: AFP/ RAJESH JANTILAL Zweimal Mandelas Nachfolger Jacob Zuma: Präsident und ZuluHäuptl­ing. Die Zulus sind mit 9 Millionen das größte Volk von Südafrika mit einer langen kriegerisc­hen Geschichte ( König Shaka Zulu), während Nelson Mandela ein Häutplings­sohn aus dem Volk der...
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