Kronen Zeitung

Selbst ernannte Sprachpoli­zisten

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Wie falsch verstanden­e und völlig überzogene politische Korrekthei­t immer mehr Einzug in alle Bereiche unseres Lebens findet, zeigt die Aufregung um einen Sager der Skisportle­rin Ricarda Haaser. Nach dem olympische­n Riesentorl­auf übt Haaser Selbstkrit­ik und meint, sie sei im 2. Durchgang etwas zu „ schwul“ gefahren, womit sie wohl zu wenig aggressiv bzw. zu zaghaft meint. Sofort fallen selbst ernannte, durch nichts als ihre eigene Arroganz legitimier­te Sprachpoli­zisten über die junge Frau her und stellen sie wegen einer harmlosen Redewendun­g, die unter jüngeren Menschen durchaus verbreitet ist, öffentlich an den Pranger. Und der ÖSV drängt Haaser zu einer Entschuldi­gung, statt sich hinter seine Athletin zu stellen.

Das alles erinnert leider frappant an den fiktiven (?) Roman „ 1984“von George Orwell. Dort wacht die „ Gedankenpo­lizei“über die Bürger und schreibt ihnen vor, nur mehr in der zensuriert­en und politisch korrekten Sprache „ Neusprech“zu reden.

Manche dieser totalitäre­n Strömungen, vor denen Orwell gewarnt hat, haben of- fenbar schon längst Einzug in unseren Alltag gehalten. Der Fall Haaser ist dafür ein warnendes Beispiel. Wehren wir also den Anfängen und zeigen den selbstgere­chten Moralapost­eln, die über die Athletin hergefalle­n sind, wo ihre Grenzen sind. Gerhard Steininger, Ottensheim

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